Neues Deutschland. 12.1.2010

Presseseite der Galerie Peter Herrmann


Artikel Neues Deutschland

Afronauten in gleichmütiger Naivität
Die Galerie Peter Herrmann thematisiert Sichtunterschiede zwischen Afrika und Europa
Von Robert Meyer

Wie begegnet man Welten, die mit dem gewohnten Denken kaum zu durchdringen sind? Mit »Afronauten« thematisiert die auf afrikanische Kunst spezialisierte Galerie Peter Herrmann Diskrepanzen zwischen afrikanischen und europäischen Sehweisen und stellt dabei auch die Frage, wie werden ganz anders erscheinende Gefilde aufgenommen und mit den vertrauten Sichten verglichen? Zwei Menschen afrikanischen Typs mit blauer Haut stehen vor einem Objekt, das sich als UFO sehen lässt. Eingebettet sind die beiden in einen weißen Hintergrund, der eine Art Blase bildet, in der ganz vage ein Löwenkopf durchschimmert. Beide, so der Eindruck, blicken distanziert skeptisch, aber auch neugierig auf das UFO.
Viele Bilder von Daniel Kojo Schrade haben etwas zurückhaltendes, manchmal sogar etwas leicht verstörtes, aber immer distanziert neugierige Skepsis findet mal man in vielen seiner Bilder, wobei nie der Eindruck entsteht, dass Fremdes krude abgelehnt, sondern eher mit einer fast schon bewunderungswürdigen Art gleichmütiger Naivität betrachtet wird. Buchstaben spielen in Schrades Bildern oft eine Rolle. Ob sofort zu sehen oder erst auf den zweiten Blick, sie wirken nie wie ein Fremdkörper, sind optisch meist perfekt eingebunden, aber können die Frage hinterlassen, ob sie nur stilgebendes Element sind oder auch noch bedeutungsschwere Chiffre enthalten.
Galerist Peter Herrmann sieht im afrikanischem Denken stärker die visuellen Züge hervortreten, wobei den unmittelbaren Eindrücken mehr Gewicht gegeben wird. Ein Denken, das zu Handlungen führen könne, die mehr aus den einzelnen Momenten und deren individuellen Bedeutungen bestimmt sind als von langfristigen Planungen. Herrmann beschreibt diesen Stil als mehr an der Erzählung von Geschichten orientiert und weniger an logisch-sequenziellen Blicken auf die Natur – in der Summe wohl nicht immer so ganz gezielt linear geordnet wie Herangehensweisen in Europa. Im Grunde sind ja beide Arten des Denkens Menschen ureigen, erst Kultur prägt Denkstile aus und führt mitunter zu einseitigen Favorisierungen, die Missverständnisse und damit Konflikte erzeugen können.
Der Blick in eine andere Welt ist immer ein Abgleich an den vertrauten Ordnungen, weil diese eben die Grundorientierungen bilden. Geraten bei Kultur-Begegnungen Ökonomien in Konflikt, kann es kriseln. Ohne es in einen solchen Zusammenhang zu stellen, ausgesprochen düster wirkt Daniel Kojo Schrades Bild »Daniel.« Je nach Blickwinkel zeigt der erste Blick nur einen nach unten gezogenen großen schwarzen Klecks und in der unteren Hälfte vor einem orangefarbenen Hintergrund mit einem rötlich wirkenden Kopf einen weißlichen großen Gegenstand mit scharfen Zacken, der wie Teil einer Krone wirken kann. Bei näherer Betrachtung lässt sich im oberen Teil des breiten »schwarzen Klecks« ein Gesicht sehen mit einer Brille, das nach unten sieht. Die harten Farbkontraste und das große metallisch wirkende Objekt Krone können den Eindruck erzeugen, einem tiefen Konflikt beizuwohnen.
Afrikanische Kunst, so zeigen immer wieder Ausstellungen in der Galerie Herrmann, besteht eben nicht nur aus rituellen Objekten, sondern bietet auch Werke, die durchaus postmodernen europäischen Vorstellungen gerecht werden.
Bis 23.1, Di. bis Fr. 14 bis 19 Uhr, Sa. 11 bis 16 Uhr. Galerie Peter Herrmann Brunnenstraße 154. Infos: www.galerie-herrmann.com/index.htm


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