Text zur Ausstellung - Lurid - der Künstlerin Marie Pittroff in der Galerie Peter Herrmann

Vor gut einem Jahr hatte Marie Pittroff, aus Frankreich stammende und im Rhein-Main-Gebiet lebende Malerin, zusammen mit ihrem Berliner Galeristen Peter Herrmann die Ausstellung ihres neuesten Gemäldezyklus vorbereitet, zu dem auch Porträts des New Yorker Art-Rock-Protagonisten Lou Reed gehören. Diese Ausstellung war auch gedacht als Hommage an einen Künstler und sein Werk, dem die Malerin viele Impulse für die eigene Arbeit verdankt. Dass Reed just zum Zeitpunkt der Ausstellung in Berlin weilen würde, um dort ein Konzert zu geben, war von keinem der Beteiligten vorherzusehen.

Ein Blick in den Katalog zur Ausstellung, den die Galerie dem Musiker zur Information zugeschickt hatte, genügte dem New Yorker offenbar, um sich spontan zu entschließen, das Booklet zu seiner nunmehr erscheinenden, von ihm persönlich zusammengestellten Compilation „NYC Man“ auch mit den Gemälden Marie Pittroffs auszustatten. Die haarklein sezierenden, lakonischen Porträts auf großformatigen Bildern und seriellen Installationen schienen Reed passend zu einem Album zu sein, auf dem er sich selbst mit verschiedensten Phasen seines Schaffens neu konfrontiert.

„Die Arbeit an diesem Zyklus war für mich selbst ein äußerst spannendes Experiment: Es ging darum, mit meinen Mitteln eine geeignete Darstellungsform und Ästhetik zu finden, die sowohl der Komplexität als auch der strengen Einfachheit des Sujets gerecht werden konnte“, meint die Malerin. Denn das Phänomen Lou Reed repräsentiert „für mich das Paradigma der modernen Künstlerexistenz schlechthin“. Seine Suche nach authentischen Verbindungslinien zwischen Bildender Kunst, Musik und Literatur, die ungebrochene Suche nach poetischen Mitteln der Aussprache – trotz aller Widernisse mit einer guten Portion Humor und Provokation vorgetragen – all das macht Reed für die Marie Pittroff zu einer der großen zeitgenössischen Künstlerpersönlichkeiten.

Die Malerin, deren Thema die Ikone – und damit auch die Art-Rock-Ikone Reed – ist, hat in der Vergangenheit ganz bewusst auf fotografische Versatzstücke (Bücher, Pressefotos, usw.) zurückgegriffen, um in fotorealistischer Manier die Mehrfachcodierung von Realität durch die Medien und damit die Ersatzkultur der Ikonisierung in unserer Zeit zu dokumentieren. Mit Reed als dem exemplarischen Grenzgänger. Sein Werk hat sich immer wieder jeglicher Kategorisierung entzogen, gleichwohl aber kompromisslos die Wirren, Zweifel und inneren Widersprüche einer ganzen Generation gespiegelt. Seine präzisen und sensiblen Berichte aus dem „beschädigten Leben“ in der Großstadtrealität besitzen für Marie Pittroff heute fast mehr den je eine schillernde Aktualität.

Der präzise Pinselstrich Pittroffs schien den Nerv Reeds getroffen zu haben. „Als ich von seiner Absicht erfuhr, meine Bilder für das aktuelle Album zu verwenden, war ich erst einmal völlig überwältigt“, sagt die Künsterin. Jedoch: Den Plänen folgten die Taten auf dem Fuß und es erforderte nur noch wenige Schritte bis zur Realisierung des Projekts. Das opulente Begleitheft zur CD nahm – dank der kompetenten und engagierten Unterstützung der Mitarbeiter der Plattenfirma BMG International – Gestalt an. Die von Lou Reed selbst völlig neu überarbeitete Retrospektive seines Lebenswerks erscheint jetzt in Europa am 12. Mai und in Amerika ab Mitte Juni.

Die Wiederaufnahme der Ausstellung „Lurid - Hommage an Lou Reed“ zu diesem Anlass findet vom 13.–23. Mai 2003 in der Galerie Peter Herrmann, Torstraße 218, Berlin (Mitte), statt.