Chéri Samba
Galerie Peter Herrmann
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Chéri SAMBA - Eröffnungsrede zur Ausstellung Echolot II

 

Der Ausstellungstitel Echolot II weist auf die in Kürze in Stuttgart stattfindende Großausstellung Vielfaches Echo hin. Chéri Samba ist eine der fünf afrikanischen Künstler, die dazu in der Galerie Peter Herrmann in einer Gruppenausstellung gezeigt werden.

Kulturpolitisch ist man an vielen Stellen in Stuttgart bemüht, das Thema außereuropäische Kunst konzentrierter und dominant zu behandeln. Gefördert werden diese Bestrebungen außerdem maßgeblich von Wirtschaft und Politik. Es sei hier kurz auf die Interessen der Weltbank in enger Zusammenarbeit mit Daimler-Benz verwiesen ( z. B. Weltbankkongress November 97, Stuttgart ). Speziell Afrika rückt hier unter völlig neuen Prämissen in die Zielplanung. Eine weitere Querverbindung ist der Arbeitskreis Baden-Württemberg und Afrika , der sich im Herbst 97 unter der Leitung von Frau Dr. Uschi Eid, MdB Bündnis-Grüne, ebenfalls in Stuttgart konstituierte. Als Gast bei beiden genannten Veranstaltungen wurde ich (Peter Herrmann) neben Vertretern der Wirtschaft, Institutionen und Organisationen als Experte und Kurator für afrikanische Kunst hinzugezogen.

Wurde zeitgenössische afrikanische Kunst in Deutschland gemessen an europäischen Nachbarländern noch eher stiefmütterlich rezipiert, ändert sich dies momentan auffällig. Einer der Künstler, die maßgeblichen Einfluß auf diese Entwicklung hatten, ist der aus Kinshasa im Kongo stammende Chéri Samba.

Begonnen hatte der Künstler wie viele Afrikaner als Autodidakt und kommt aus dem Genre der Plakatmalerei, also der Gebrauchsgraphik. Als Chéri Samba die Malerei als Medium entdeckte, verlieh er sich das Prädikat Populärmaler. Diesen Begriff sollte man im Deutschen keinesfalls mit populistisch in Verbindung bringen, denn Samba ist alles andere als das. Mit pointierter Zielsicherheit nimmt er alle soziale Schichtungen aus ihrem Alltag heraus auf Korn. Mal Humorvoll, mal bissig, nachdenklich stimmend, auch mal mahnend. Aber immer auf großes Interesse seitens der Bevölkerung stoßend. Populär eben.

Er kombiniert seine Bilddarstellungen mit Schrift. Dabei bedient er sich eines sehr erzählhaften Stils insofern, daß beispielsweise das Geschriebene das zeitlich verschobene Denken einer der im Bild zu sehenden Personen schildert. Allerdings steht das Geschriebene in fast allen Arbeiten immer in einem scheinbaren Widerspruch zum bildhaft Dargestellten oder enthält eine raffinierte Doppelbedeutung. Dadurch ergibt sich ein so potenter Inhalt, daß das Bild eine hohe allegorische Qualität erreicht und im Erzählen an einen verdichteten Comic erinnert. Eine große Liebe zum malerischen Detail verleiht seinen Arbeiten eine zusätzliche Qualität.

Chéri Samba ist in allen wichtigen Gruppenausstellungen zu afrikanischer Kunst vertreten. Seinen künstlerischen Durchbruch hatte er 1989 in der berühmten Ausstellung Magiciens de la Terre im Centre Georges Pompidou in Paris. Zunehmend wird es immer schwieriger überhaupt noch Arbeiten von ihm zu bekommen. Über den frankophonen Sprachraum hinaus hat Chéri Samba trotz seines wichtigen kongolesisch-französischen Sprachumgangs in den U.S.A. und auch in Deutschland eine große Nachfrage.

In Deutschland arbeitete der Künstler neben Anderen öfters mit Martin Kippenberger zusammen. Die beiden hier nicht gezeigten Bilder von Chéri Samba - Galerie Avantgarde und Mbotama aus der Sammlung Kippenberger hatten wir zusammen mit dessen Studentenwohnheim in Riad 1985 in Douala, Kamerun im Zuge der Ausstellung Around & Around ausgestellt.

Unter den acht Arbeiten in Echolot II ist auch das Bild Mobali ya Monyato ( Bataille dans un Foyer ) aus der Ausstellung Magiciens de la Terre, Paris 1989 zu sehen, das wir exlusiv für die Ausstellungen Echolot und Vielfaches Echo erwerben konnten. Trois amis dans une restaurant à Paris war dort ebenfalls schon zu sehen.

Falls Sie mit den Arbeiten von Chéri Samba noch nicht so vertraut sind, haben Sie hier eine kleine Einführung in seine Bilder :

Das älteste Bild von Chéri Samba hier in der Ausstellung ist Le séchage du Manioc von 1988. Wir würden es als ein feministisches Bild bezeichnen. Er pointiert die arbeitenden Frauen und zeigt nur Frauen. Die Dame rechts im Bild trägt ein Stetoskop um den Hals und deuted darauf hin, daß auch hoch ausgebildete Frauen unnützerweise an Arbeiten für die Gemeinschaft teilnehmen müssen da sie keine entsprechenden Arbeitsplätze bekommen. Für die Gegend um Kinshasa bis heute ein großes Problem.

Trois amis dans une restaurant à Paris. Eines der zwei Bilder, die schon in Magiciens de la Terre zu sehen waren. Hier beschreibt Chéri Samba eine sehr eigentümliche Erfahrung. Ein Franzose, eine Französin, beide wohlhabend in Kinshasa, haben Chéri Samba zum Essen eingeladen, sollte er nach Frankreich kommen. Vor dem Eintreten ins Restaurants als es so weit war, wurde ihm von den beiden eröffnet, jeder bezahle seine eigene Rechnung. Verwundert stellt er fest, wie die Weißen, reich, sich bei ihm in Kinshasa einladen lassen um dann ihn, damals noch arm, zu sehen hinten am dritten Tisch, im teuren Frankreich vor leerem Teller belassen. Damit erwischt er im übrigen nicht nur zwei Pariser. Ich finde für Stuttgart hat es eine hohe Aktualität.

Mobali ya Monyato kennen einige von Ihnen schon aus der Ausstellung Kinshasa. Nach der Ausstellung Magicien de la Terre wurde diese Bild eines der bekanntesten von Chéri. In vielen Katalogen gedruckt markiert es die momentan obere Preisgrenze. So wie für den Künstler selbst ist es auch für mich ein sehr persönliches Bild. Enträtseln Sie es selbst.

Sauvons Marseille entstand nach einer Einladung der Stadt Marseilles, bei der auf einer Stadtrundfahrt Vertreter der Administration ihn von ihrer Stadt beeindrucken wollten. Ihr zeigt mir den Zoo und habt keine Tiere. Ihr zeigt mir den Hafen und habt keine Schiffe. Er sieht die Stadt zerissen in zwei Teile. Das Marseille der Einheimischen und das Marseilles der Immigranten, die sich beide bemühen, das Zerissene wieder zusammenzufügen. Er fragt sich, was die Marseiller ihm tatsächlich Besseres zu bieten haben, als er von zuhause gewohnt ist.

In dem Bild Fev 91 nimmt Chéri Samba die Irak-Krise vorweg. Er als Afrikaner in Afrika sah dieses Disaster schon kommen als bei uns noch niemand daran dachte. Sie sehen Bush - Saddam Hussein und Gorbatschoff.

Santu Papa hat nun schon wieder und auch bei uns eine bedrückende Realität. Grundsätzlich ist er bereit, das Gute des Papstes anzuerkennen, möchte aber deutlich machen daß es für Afrika falsch ist, sich nicht wehren zu dürfen, ich möchte hier an die Geschehnisse mit dem Sturz Mobutus erinnern, keine Abtreibung vornehmen zu können und sogar auf Kondome verzichten zu müssen.

Die zwei neuesten Bilder sind geprägt von einer harten Kritik an den Frauen, bei denen er bald feststellte, kaum hatte er Geld, hatte er Kinder von vielen Frauen, die sich später aber mit Kind in Armut vorfanden. Er appeliert an die Frauen, nicht über Kinder Männer gewinnen zu wollen. Er selbst fühlt sich vielfach betrogen und sieht, daß mit dieser Einstellung viele Frauen sich selbst betrügen. Loi en perspective zeigt die dunkle Seite des Herzens und wie es weitergegeben wird. In Parcelle sans WC begreift er, der sich Grund seines Reichtums lange als König fühlte und im Selbstportrait vor der Nase der Frau sein Geschäft verrichtet, daß die Frau auch vor seiner königlichen Scheiße die Augen verschließt. Er spürt, daß ihm auch hier lange nur Wichtigkeit vorgegaugelt wurde, die die Frauen benutzten um ihn damit auszunehmen.

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