Ralf Schmerberg
Galerie Peter Herrmann

Poem - von Ralf Schmerberg

 
  Die DVD, exclusiv im Schuber, mit Booklet und einer einstündigen Hintergrundsreportage, ist in der Galerie zu erwerben.
 

In Kooperation mit den 53. Internationalen Filmfestspielen Berlin

Produziert von Eva Maier Schönung, Ray Cooper und Ralf Schmerberg

Ein junger Mann schleppt seinen alten Vater auf einem Holzgestell durch eine unwirtliche Landschaft, über Berge und durch Täler - stellvertretend für alle Menschen trägt er die Last des Lebens und der Vergangenheit auf seinen Schultern, Erfahrungen, die niemand abschütteln kann, die uns bis zur Bahre begleiten.


Meret Becker »Sozusagen grundlos vergnügt« von Masha Kaléko. Fotograf: Stephan Vens

In 19 von den Autoren Ralf Schmerberg und Antonia Keinz ausgesuchten Gedichten spiegelt sich das Leben wieder, mal leichtfüßig wie Meret Beckers Auftritt im Hebbel-Theater Berlin mit Mascha Kalékos "Sozusagen grundlos vergnügt" mit in den Bühnenhimmel steigenden Wolken und heiteren Fantasiewesen,


 

mal erdenschwer mit der andalusischen Osterprozessionen nach "Tenebrae" von Paul Celan, wo in einer fast surrealen Atmosphäre düstere Choräle das religiöse Ritual begleiten, Männer starren Schrittes den gekreuzigten Christus und die weinende Madonna durch die engen Gassen tragen, Gläubige sich ehrfürchtig vor der göttlichen Macht beugen. Sehr realistisch geht es dagegen in der Sequenz nach Ingeborg Bachmanns "Nach grauen Tagen" zu.

Foto: Stephan Vens


 
Das sonntägliche Familientreiben mit Jürgen Vogel und Anna Böttcher ist hier keine Idylle, sondern Tortur. Weg von Kindergebrüll und lauter Musik steckt die am Rande des Nervenzusammenbruchs stehende Mutter und Ehefrau ihren Kopf in einen riesigen Luftballon, einziger Ruhepunkt in aller Hektik. Im fahlen blauen Licht erlebt sie einen kurzen Moment der Befreiung, werden der Seele Flügel gegeben, die Bitterkeit langer Nächte vergessen. Doch dann hat der Alltag sie wieder, der Traum von kleinen Fluchten zerplatzt mit hartem Knall wie der Ballon. Was wäre Poesie ohne Liebe, Liebe ohne Poesie? Liebesleid und Liebesglück - der Nährboden für das raffinierte Spiel mit Worten.

Foto: Stephan Vens

 

Foto: Karl Bongartz

Mit ganz einfachen aber zugleich aussagekräftigen Symbolismen wird bei Heiner Müllers "Ich kann dir die Welt nicht zu Füßen legen" gearbeitet. Hochzeitskleider, Zeichen ewiger Liebe, hängen in einem schicken Show-Room - in mattem weiss, zartem elfenbein, glänzendem crème.

Unter Richy Müllers Rezitation beginnt plötzlich ein Kleid zu brennen, erst langsam dann immer schneller greifen die Flammen auf das nächste über, bald fressen sie sich gierig durch die Gewänder, die sich noch einmal aufblähen wie von Geisterhand bevor sie sich in Asche pulverisieren. Imagination für zerbrochene Gefühle, zerstobene Hoffnungen. Ein Zerrbild der Emotionen.


 
Von vergangener Liebe und durchlittenen Enttäuschungen gezeichnet ist das Gesicht von Marcia Haydée, der legendären Primaballerina mit Lippen so knallrot wie Blut. Ihre Ode "An den Ritter aus Gold" von Elke Lasker-Schüler mündet in einer Art Abrechnung mit der falschen Sehnsucht. Während die Massen an der Copacabana feiern steht sie oben auf dem Balkon, allein gelassen mit ihrem Leben, erleuchtet von einem Feuerwerk.


Foto: Stephan Vens



Foto: Ralf Schmerberg
Auch Klaus Maria Brandauer bietet sein Antlitz schutzlos dar, in hartem schwarz-weiß ausgeleuchtet bis in die letzte Falte, eine Seelenlandschaft zum Erkunden. Als Heinrich Heines "Der Schiffbrüchige" zieht er ein bitteres Resumé, beschreibt die Sinnlosigkeit des Tuns, "hinter mir liegt nur Kummer und Elend und über mich hin ziehen die Wolken, die formlos grauen Töchter der Luft". Sein desillusioniertes Fazit: "Vorüber ist alles, Glück und Hoffnung, Hoffnung und Liebe".
 

Die Liebe ist schon lange vorbei, wenn Anna Thalbach Erich Kästners "Kleines Solo" spricht und dabei die Seele gefrieren lässt. Die Kamera fährt durch kleinbürgerliche Wohnungen, über geordnet aufgereihte Schuhschlappen, Geweihe an der Wand, angestaubte Nippes und immer wieder durch spießige Schlafzimmer in denen säuberlich aufgebaute Paradekissen und festgezurrte Bettücher der Lust den Atem nehmen. Da ahnt man, was Kästner mit dem Satz meinte "Einsam bist du sehr alleine - und am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit".

 

POEM nimmt mit auf eine Reise durch deutsche Lyrik und Prosa, von Hans Arp über Ernst Jandl, Johann Wolfgang von Goethe bis hin zu Kurt Tucholsky. Eine aufregende Reise, manchmal wie ein gefährlicher Ritt auf dünnem Eis, unter dem das Dunkle und Unberechenbare wartet.

 

 

David Bennent,
»Das Morgenlied« von Georg Trakl
Foto: Ralf Schmerberg

 
Trigger Happy Productions präsentierte in Kooperation mit den 53. Internationalen Filmfestspielen Berlin die Welturaufführung als geschlossene Veranstaltung am 8.2.2003 in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg- Platz.

Executive Produzenten: Jon Kamen, Frank Scherma, Stefan Jonas. Idee: Antonia Keinz und Ralf Schmerberg.

Darsteller: Luise Rainer, Klaus Maria Brandauer, Marcia Haidee, Hermann van Veen, Meret Becker, David Bennent, Jürgen Vogel, Carmen Birk, Anna Boettcher, John Gassmann, Larry Gassmann, Chiring Gurong, Smudo, Birgit Stein, Sham Lama Tulkur, u. a.

Sprecher: Hannelore Elsner, Herbert Fritsch, Anna Thalbach, Richy Müller, Paul Celan, Claudia Geisler, Lars Rudolph, Elena Schmerberg-Dávila, Manfred Steffen, Isabel Tuengerthal, u. a.

Kamera: Robby Müller, Darius Khondji, Franz Lustig, Jörg Schmidt-Reitwein, Nicola Pecorini, u. a.

Casting: Ana Davila. Produktionsdesign: Peter Weber. Kostüm: Susanne Haas. Schnitt: Rick Waller. Sounddesign: Dirc Jacob. Mischtonmeister: Martin Steyer. Produktionsleitung: Stephan Vens

Eine umfangreiche Präsentation mit Kurztrailer (flash6 player von macromedia) sowie Vorschlägen für Verwendung an Schulen für pädagogische Zwecke finden Sie unter http://www.poem-derfilm.de

 
 

Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug - Credit: Hilde Domin

 
 

Ralf Schmerberg
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