Galerie Peter Herrmann |
|
|
|
|
|
Alte Kunst aus Afrika |
Foto: Peter Herrmann. 2015 |
Thermolumineszenz- Expertise |
Gedenkkopf |
|
Benin, Nigeria
um 1800
Bronze
23 cm |
Kopf einer bedeutenden Persönlichkeit |
Schmucknarben auf der Stirn, Korallenhalsschmuck, eine Flechtfrisur mit konzentrischen Ringen, die meist, aber vermutlich fälschlicherweise, Ibo-Frisur genannt wird, und das möglicherweise für Elfenbein vorgesehene Loch am Oberkopf sind genau wie der herzförmige, leicht geöffnete Mund immer wiederkehrende Merkmale dieses Kopftyps aus dem Benin ab dem 16. Jahrhundert. Die typischen Eisenplättchen auf der Stirn, die zur Betonung der Schmucknarben oft eingesetzt wurden wie die Pupillen, sind bei diesem späten Objekt nur noch angedeuted und ziselierter Teil des Gusses.
Die neueste Forschung (u.a. Paula Ben-Amos) interpretiert den Kopf als Trophäenkopf, der eine mächtige besiegte Person darstellt. Wir aus der Galerie melden hier allerdings Zweifel an. Als Zeichen des Triumphes soll dem besiegten König der Kopf abgeschnitten worden sein, um ihn der Bronzegilde in Benin zum Nachgießen zu überreichen. Diese brutale Vorgehensweise sei nur bei besonders rebellischen Feinden angewendet worden und hätte als Warnung für seinen Nachfolger gedient. Vor allem wegen der Stufenfrisur gilt er als Fremder ohne Edo-Status (Edo = das Volk Benins), denn die Frisur soll untypisch für die Edo sein. Interessant ist an dieser Stelle ein Vergleich mit Bronzeplatten auf denen Figuren mit der gleichen Frisur abgebildet sind. Allein in der Ausstellung befinden sich sechs Platten, auf denen die Protagonisten diese „Ibo-Frisur“ tragen. Sie treten immer als Pagen, Häuptlinge, Krieger oder sonstige Gehilfen des Königs auf und sind meist durch Korallenketten als ranghohe Mitglieder des Königspalastes gekennzeichnet. Die Häufigkeit und der Kontext dieser Frisuren lässt möglicherweise auf eine feste Verankerung in der Kultur Benins schließen und spricht demzufolge weniger für einen Gegner oder Feind als vielmehr für eine typische Frisur von Angehörigen des Palastes, vielleicht sogar für einen Gedenkkopf des eigenen Königs, so wie es Willett vermutet.
Das Objekt stammt aus dem späten 18. bis frühen 19. Jahrhundert. Diese Periode wird in der Literatur meist als späte Periode der Beninkunst bezeichnet, was vor dem Hintergrund einer 1000-jährigen Bonzegusstradition in Benin auch so gesehen werden muss, wie es der Ine der Bronzegießer-Gilde in Benin, Chief K. Osarhenhen Inneh, bestätigte.
Vgl.:
Ekpo EYO, Frank WILLETT: Kunstschätze aus Alt-Nigeria, Mainz 1983, S. 136.
Paula Girshick BEN-AMOS: The art of Benin, London 1995, S. 26.
Philip J. C. DARK: An introduction to Benin art and technology, Oxford 1973, S. 94.
Barbara PLANKENSTEINER (Hg.): Benin. Könige und Rituale. Höfische Kunst aus Nigeria, Wien 2007, S. 373.
|
Vergleichsobjekte: |
|
Abbildungen: |
Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum |
|
Felix von LUSCHAN: Die Altertümer von Benin, Band 1-3, Berlin 1919, Tafel 55. |
|
|
Till Förster: Kunst in Afrika, Köln 1988, S. 101. |
Nationalmuseum Lagos |
|
Schätze aus Alt-Nigeria. Ministerium für Kultur, Berlin (Ost) 1985, S. 138. |
|
|
Ekpo EYO, Frank Willett: Kunstschätze aus Alt-Nigeria, Mainz 1983, S. 136. |
Museum für Völkerkunde zu Leipzig, Grassimuseum |
|
Kunst aus Benin. Afrikanische Meisterwerke aus der Sammlung Hans Meyer, Grassimuseum, Leipzig 2002, S. 73. |
General Pitt Rivers's Museum at Farnham, Dorset
|
|
Augustus Henry PITT-RIVERS: Antique Works of Art from Benin, London 1900 (Reprint 1971), S. 31. |
|
|
Frank WILLETT: Ife. Metropole afrikanischer Kunst, Bergisch Gladbach 1967, S. 189. |
British Museum, London |
|
William B. FAGG: Bildwerke aus Nigeria, München 1963, S. 41. |
|