Das ungewöhnlich U-förmige Relief zeigt in der Mitte einen Oba (König von Benin), der von zwei Begleitern - Enobore genannt - gestützt wird. Durch die Verlängerung seiner Beine in Form von Schlammfischen (Vgl. Fagg, 1963) wird vermutlich seine Eigenschaft als göttliche Erscheinung betont. Denn die Darstellung geht auf den im 14. Jahrhundert lebenden Oba Ohen zurück, der nach seiner Lähmung erklärte, er hätte sich in den Meeresgott Olokun verwandelt. Einer anderen Legende zufolge soll er der Sohn des Meeresgottes Olokun gewesen sein. Demnach kam er aus dem Reich Olokuns an Land, um dort als Oba zu herrschen.
Ausgehend davon, dass ein Zusammenhang zwischen den angeblichen Schlammfischen, die kurz unter den Füßen der Häuptlinge enden, und ihren offenbar schlotternden Beinen besteht, muss wohl eher von einem Zitterfisch oder Zitterwels gesprochen werden (Vgl. Luschan, 1919). Der gesamte unverhüllte Unterkörper der Enobore bebt und zittert. Ob das ein Zeichen ihrer Ehrfurcht sein sollte oder eine andere Bedeutung hatte, kann zunächst nur vermutet werden.
Sehr interessant sind die sechs links und rechts dargestellten affenähnlichen Figuren. Sie sind für Bronzen aus Benin untypisch, und ihre werkimmanente Bedeutung ist noch unklar.
Frank Willett erkennt bei einem sehr ähnlichen Relief im Museum Benin Charakterzüge aus Ife-, Benin- und Tsoede-Bronzen und somit Wechselbeziehungen zwischen den drei Stilen. Die stilistische Vermischung ist bei diesem Relief offensichtlich, aber ein Bezug zu Ife ist höchstens an den Schmucknarben im Gesicht des Oba erkennbar. Die Köpfe der Hauptfiguren sind eindeutig Benin zuzuordnen und die affenähnlichen Figuren mit ihren verdrehten Beinen einem östlich von Benin auftauchenden Stil - möglicherweise Tsoede (Zentral-Nigeria) oder noch weiter östlich -Kamerun. Verbindungen bestehen auch zum Kameruner Grasland, wo Bronzegüsse ab ca. 1700 gefertigt wurden und ähnliche Figuren spätestens im 19. Jahrhundert auftauchen.
Solche sogenannten Triaden gehören zu den bedeutendsten Königsdarstellungen und werden immer dann nachgestellt, wenn der Oba in der Öffentlichkeit auftritt. Auf Platten ist er - rechts und links von seinen Begleitern gestützt - manchmal mit menschlichen Beinen oder symbolhaft mit Welsbeinen als Zeichen seiner Funktion als Gottkönig dargestellt. Als duale Identität repräsentiert er den Oba, Herrscher des Reiches der Erde und des Menschen, sowie den Meeresgott Olokun, Herrscher des Reiches der Meere und Gewässer, Gott der Fruchtbarkeit und des Reichtums.
Zur Bedeutung dieser hierarchischen Komposition existieren unterschiedliche Interpretationen. Barbara Blackmun führt im Wiener Katalog zwei davon an. Die erste bezieht sich auf eine Legende. Demnach soll Oba Ewuare (ca. 1440 - 1473) im Anschluss an die Neuordnung der Hauptstadt Benins die Koralleninsignien des Gottes Olokun übernommen haben. Als Ewuare die Perlengewänder anlegte, spürte er das gewaltige Gewicht der Krone als Symbol für die Last des Königtums von Gottes Gnaden und soll daraufhin sein Volk - das Volk der Edo - um Hilfe gebeten haben. Bei dieser Interpretation steht die Triade für die Verantwortung der Bevölkerung, den Oba bei seinen Aufgaben zu unterstützen.
In einer zweiten Deutung soll die Triade eine Warnung darstellen vor Zugang zu überirdischen Mitteln, die für die Sterblichen verschlossen bleiben sollen und die hier durch die Zahl drei ausgedrückt wird. Die drei gilt als unheimliche Zahl und wird nur ganz bewusst für solche oder ähnliche Zwecke eingesetzt.
Vgl.:
Frank WILLETT: Ife. Metropole afrikanischer Kunst, Bergisch Gladbach 1967.
Felix von LUSCHAN: Die Altertümer von Benin, Band 1, Berlin 1919, S. 93.
Barbara PLANKENSTEINER (Hg.): Benin. Könige und Rituale. Höfische Kunst aus Nigeria, Wien 2007, S. 391 - 393.
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