Galerie Peter Herrmann

Pos1
Ancient Art from Africa
Weiter

Dynasty Pillars from Sultan's Palace
Foumban. Bamoun, Cameroon
19/20th Century
Bronze
Hight 230 cm

Zwei Dynastiesäulen aus dem Sultanspalast von Foumban
Bamoun, Kamerun
19/20th Century
Bronze
Höhe 230 cm

 


Die kreisförmig um die 230 cm hohen Säulen angebrachten Figuren stellen die traditionell hierarchische Ordnung der Sozial gemeinschaft des Volkes der Bamoun aus Kamerun dar. Von unten her beginnt die Darstellung mit Köpfen, die nach oben hin immer weniger werden. Sie dürften die Ahnen darstellen, auf deren "War und Sein" sich die Dynastie gründet. Eine einzelne männliche Figur die an der weiblich gekrönten Säule in der Basis zu sehen ist, dürfte als der Mittler zur Ahnenwelt zu deuten sein.

In vier Kreisen bei der einen Säule und in fünf bei der Anderen sind eigentümlich ausgearbeitet meist androgyne Wesen dargestellt. Im unteren Bereich sind die Figuren trotz einer statischen Ordnung individualisiert und alle gestikulieren. Sie halten sich nicht an den Händen, wie die Figuren eine Reihe weiter oben. Dort ist die Körperhaltung ruhig, jedoch sind die Münder geöffnet wie im Gespräch oder gemeinsamen Gesang.


Wieder eine Reihe höher sind die Figuren geschlossen im Kreis und schweigsam dargestellt. Hier werden also verschiedene Stadien von Disziplin gezeigt. Gekrönt sind beide Säulen jeweils von einer männlichen und einer weiblichen Figur. Es handelt es sich um den vom Rat gewählten König einerseits und die in der gesellschaftlichen Stellung genauso wichtige Königinmutter. Beide werden mit den geblähten Backen der Heroldsbläser dargestellt.

Diese Backen haben sich bei den Bamoun ikonographisch als Zeichen von Würde und Bedeutung etabliert und werden bis heute als Ausdrucksmittel verwendet. Ähnlich einer Karyatide wird die obere Herrscherfigur von einer im Verhältnis zu anderen Figuren auffallend größeren Person gestützt und beschützt. In beiden Gruppierungen handelt es sich dabei um das geschlechtliche Pendant. Eine geschlechtliche Neutralität wie bei den unteren Figuren wird oben aufgehoben.


Der Kreis unter den beiden Herrscherfiguren enthält Hinweise auf die Thronfolge. Unter der Königinmutter sind drei ähnliche, in Größe und Gestik als Kinder zu erkennende Figuren angeordnet. Auf der männlichen Säule ist hinter dem Rücken des Königs eine Figur angebracht die wiederum größer ist als die beiden anderen und männlich.

Insgesamt lädt die Anordnung von unten nach oben zu zwei sich ergänzenden Interpretationen ein. Überlieferte gesellschaftliche Hierarchie und menschliche Alterungsstadien, die der Gießer in hochverdichteter allegorischer Dimension und in einer raffiniert ausgeklügelten Ästhetik vereinte. Diese Verbindung macht die zwei Dynastiesäulen zu den aufsehenerregendsten Objekten afrikanischer Gießkunst.

Die Herstellung dieser Säulen fand zu einer Zeit statt, in der die Islamisierung der Bamoum in vollem Gange war. Es ist vor diesem Hintergrund kulturgeschichtlich bedeutsam, dass die im Islam verpönte figürliche Darstellung beibehalten wurde. Damit sind diese Arbeiten ein Manifest ausgeprägter Selbständigkeit. Die Säulen demonstrieren ein liberale Haltung innerhalb des Islam weil sie die Beibehaltung mehrerer traditioneller Strukturen aufzeigen. So ist zum Beispiel ein dominanter matriarchalischer Einfluss ablesbar, der allgemein das subsaharische Afrika stark von Nordafrika unterscheidet.

 


Durch stilistische Vergleiche und auswerten von Erzählungen in Verbindung mit einer Thermolumineszenz-Analyse datieren die beiden Dynastiesäulen auf ungefähr 1900. Die Herstellung paßt plausibel in die Regierungszeit von König Njoia der wie kein Anderer die Kunst Kameruns gefördert hat.

Ausstellungen  

  .flex_re-flex.impact
  200 Jahre Metallkunst aus Afrika. Stuttgart 2000
  200 Jahre Metallkunst aus Afrika. Berlin 2001