Berliner Zeitung. 13.06.2003 |
Presseseite der Galerie Peter Herrmann |
Graben im Land der Kindheit Neue Bilder der Südafrikanerin Lizz Crossley in der Berliner Galerie Herrmann Ingeborg Ruthe Lizz Crossley gräbt sich gleichsam mit Pinsel und Stift durch das Land ihrer Kindheit: Südafrika. In ihrer Ausstellung in der Berliner Galerie Peter Herrmann belegen großformatige Acrylbilder und viele kleine Tuschzeichnungen diese malend und zeichnend betriebene Archäologie. Die seit 18 Jahren in Berlin lebende Künstlerin sucht in der fernen Heimat Spuren von Gewesenem. Köpfe, Körper lassen an Höhlenmalereien oder an die frühen, der Archaik nachspürenden Körperzeichnungen von Joseph Beuys denken. Der Erdboden ist lehmrot, kohleschwarz und ocker, verwittert, gebleicht, gedörrt und gebacken von einer unbarmherzigen Sonne. Lizz Crossley kommt aus Kimberley, nahe der Wüste Kalahari. Dort hat die heute 54-Jährige ihre ersten Abreibungen von Steinzeichnungen der San gemacht, jener geheimnisvollen Buschleute, von denen es heute nur noch verschwindend wenige gibt und die sich scheu und aus Angst vor Verfolgungen versteckt halten. Das Land dieser Buschleute hat sich tief ins Bildgedächtnis der Nachfahrin englischer Kolonisten eingegraben, ein Land mit roter Erde, dessen Ureinwohner die Steine mit rätselhaften Gravuren bedachten, das von Tierhufen gezeichnet, später von unzähligen Dornenbuschwäldern überwuchert war. Diese Farben, diese Zeichen überziehen die Leinwände und den Zeichenkarton der Malerin. "Looking For Diamonds" etwa ist eine Serie von Tuschzeichnungen, dargestellt sind darauf nackte, wie ausgesetzte, auf allen vieren über den Boden robbende androgyne Körper. Das systematische Absuchen und Umgraben der Erde wird angesichts dieser Diamantensucher zum Symbol für die Ausbeutung des Menschen und der Ressourcen der Erde. Die afrikanische Erde im großen Gemälde "This Was A City" von 2001 ist brennend rot bis zum Horizont, dunkle Flecken in den trockenen Schollen deuten an, dass sich an diesen Stellen etwas befunden haben muss, was seit der Kolonialzeit verschwunden ist: die Lager der Buschleute vielleicht, die Dörfer der Xhosa und Khoi, ausgerottet, vertrieben vom weißen Mann. Oder eine Stadt, verlassen, vom Diamantenbergbau zerstört. Solche Bilder ziehen in ihren Bann mit ihrer Farbkraft und ihrer Rätselhaftigkeit, als liege unter den Farbschichten etwas verborgen, das man nicht kennen, nur spüren kann: ein tiefes, schmerzhaftes Gefühl der Verbundenheit mit der Natur. Natur aber ist für Lizz Crossley nichts, was idealisiert werden müsste, wie es in der Kunst der Europäer mehr als genug üblich ist. In diesen Südafrika-Landschaften bietet sich keine Projektionsfläche für Romantiker, kein Platz für das Ankern von Sentimentalität. Galerie Peter Herrmann, Torstraße 218, bis 21. Juni, Di-Fr 14-19/Sa 11-16 Uhr. |