Die Welt. 3.5.2002. Neu in der Stadt: Die Galerie Peter Herrmann |
Presseseite der Galerie Peter Herrmann |
"Berlin ist richtig für Pioniergeist" Wenn eine Galerie nach einem Dutzend erfolgreicher Jahre im alles andere als kunstfeindlichen Stuttgart in die Hauptstadt kommt und wenige Wochen nach dem Start schon in die Uhlandstraße nahe Kudamm übersiedelt, so ist das Anlass zum Aufhorchen. Also, merken: Galerie Peter Herrmann. Mit dem Ende der Dokumenta 11, deren Teilnehmer gerade bekannt geworden sind, wird das Interesse an afrikanischer Kunst nicht vorüber sein, da ist sich Peter Herrmann, sicher. Schon weil, so weiß er, Okwui Enwezor gerade die afrikanische Kunst auf der Dokumenta keineswegs inflationär behanden wird (WELT v. 2. Mai). Wie kam er dazu, 1989 eine Galerie zu eröffnen? "Ich war vorgeprägt, mein Vater war Musiker und Zeichner. Ich habe selbst viel gezeichnet, dann aber Innenarchitektur studiert. Und die Galerie? Es macht mir Spaß, mich mit Inhalten zu beschäftigen. Zum Beispiel war ich in Sachen Musik durch meinen Vater voll auf Jazz orientiert, der ganze Rock'n Roll ist an mir vorbei gegangen, das kann ich jetzt aufarbeiten. Die letzte Ausstellung war zu Black Velvet, die jetzt ist zu Lou Reed", bekennt Herrmann. Wieso aber hat es ihn nach Berlin gezogen? "Weil hier alles so schön offen ist. Das ist gerade das richtige für so einen Pioniergeist wie mich." Als professioneller Avantgardist ist er hier wahrlich in guter Gesellschaft. Außer zeitgenössischer Kunst hat Herrmann übrigens noch einen besonderes Spezialgebiet: Er hat sich auf afrikanische Gegenwartskunst spezialisiert, "weil es da noch etwas zu tun gibt". Es beunruhigt ihn nicht, dass nur wenige große Sammler, vielleicht nur einer, Pigozzi, durch seine Auswahl in Afrika bestimmt haben, was etwas wert ist, "obwohl Ausstellungsmacher mit geradezu institutioneller Einfaltslosigkeit immer wieder auf ihn zurückgegriffen haben". Zu oft hat man in der afrikanischen Gegenwartskunst eine falsche Unschuld gesucht, "ist bruchlos von der Aufmerksamkeit für die primitive zur Betrachtung der naiven Kunst übergegangen, die so naiv nicht war", erinnert Herrmann. Und er will eine andere Vermittlungsebene erreichen, verschiedene Positionen darstellen; die Hälfte der von ihm vertretenen Künstler ist akademischer, die Hälfte autodidaktischer Herkunft. Sein Starkünstler ist der Nigerianer Lawson Oyekan, dessen zum Teil mächtige Terrakottaskulpturen (bis 75000 Euro) archaische Urbilder überdimensionaler Organe sind. Perforiert wie von Ameisen, rufen sie Gefühle tief im Unterbewussten auf den Plan -um so als Heil-Kunst im modernen Sinne zu wirken. Das verbindet manches Objekt der neuen afrikanischen Kunst dann doch wieder mit der traditionellen. Über Aboudramane (seine Phantasiemaschinenmodelle kosten um 8000 Euro), ebenfalls in seiner Galerie vertreten, weiß Herrmann dazu eine erhellende Anekote zu berichten: "Seine Mutter besuchte ihn einmal in Paris. Und der Künstler meinte sich vor dem Problem, wie er, der gelernte Tischler, dann Fußballer, ihr das, was er machte, erklären solle. Seine Mutter sah sich in seinem Atelier um und verstand aber sofort: "Du tust dasselbe wie dein Großvater!" Aboudramane hatte bis dahin keine Ahnung, was das gewesen sei. Nun erfuhr er es. Der war Heiler und hatte die dazu nötigen "Verstärker" selbst hergestellt oder herstellen lassen. In Aboudramanes Skulpturen erkannte seine Mutter diese Objekte wieder." Er hat es schon gesagt, die aktuelle Ausstellung, die erste am neuen Ort, heißt "Thanks for Inspiration" und ist eine "Hommage an Lou Reed". Im Mittelpunkt stehen Bilder der 1952 in Strasbourg geborenen Marie Pittroff, die sich nach Studium der Literaturwissenschaft und Arbeit an der Uni der Bildenden Kunst zuwandte. Ihre Idee war es, mit dem Geburtstag von Lou Reed, den Geburtstag einer Generation zu feiern - zu der auch sie gehört. Da sind einmal Ansichten von New York, in denen Wolkenkratzer und Straßenschluchten wie aus dem grauen Nebel der Urzeit zu wachsen scheinen. Dem steht ein Zyklus von Porträts des Rockpoeten gegenüber. Kleinformatige, quadratische Tableaus, jedes mit einem gleich großen monochromen verbunden, zeigen in fotorealistischer Manier Reed in verschiedenen Lebensabschnitten, ein Diptychon im Mittelformat stellt Bildnisse gegenüber. Die Preise liegen zwischen 450 und 9000 Euro, der Zyklus ist nur komplett zu haben, für 30000 Euro. Afrika-Kunst kann man für 120 bis 750000 Euro erwerben. Uhlandstraße 184; aktuelle Ausstellung bis 4. Mai; Di-Fr 11-19 Uhr, Sa 11-16 Uhr; danach, laut Ankündigung im Internet: |