Kulturpolitik in Multikulti-EUROPA! Wie geht öffentliche Kulturpolitik mit den Tatsachen um, und warum beugt sich EUROPA der muslimischen Drohung? Fallbeispiel: Louzla Darabi von Nasrin Amirsedghi |
Bis vor ein paar Jahren wurde mir ein schmeichelhaftes Bild der schwedischen Gesellschaft vermittelt: das war eine Versammlung von Volksheld/innen, engagierten Freiheitskämpfer/innen und Hüter/innen der Freiheit für ALLE, bekannt für ihre Weltoffenheit, Courage und ihre angeblich so kritischen und bissigen Journalist/innen. Bis ich die Ehre hatte, als stiller Gast der schwedischen intellektuellen „High Society“ das Land und sein Volk hautnah kennen zu lernen. Meine Wahrnehmungen wurden gekrönt von einer Meldung, die ich im Februar dieses Jahres las: „Einen folgenschweren Schritt machte das „Museum für Weltkulturen“ in Göteborg. Nach Protesten von islamischen Gläubigen beugte sich die Museumsleitung dem Druck und hängte das Bild “Scene d’Amour“ von Louzla Darabi ab.“ Ein Bild mit der Darstellung eines Liebesakts, auf den weiblichen Körper fokussiert, in klarem Weiß, Gelb, Rot und mit einem Koranvers am oberen Bildrand. Ein kalter Zweifel hat mich erneut angefasst! Hans Magnus Enzensbergers Seufzer „Ach Europa!“ ist mir sofort in den Sinn gekommen. Sind die meisten Schweden Abweichler? Oder beten sie den Konsens an? Sind sie fügsam, geht ihnen ihre Sicherheit über alles? Oder tönt die Orgel der Harmonie so gewaltig, dass sie sich der muslimischen Drohung beugen müssen? Nein, die Schweden sind nicht die Einzigen. Die Konsensatoren lauern überall in Europa. Wo stehen wir heute? Wo sind die Feministen? Wo sind die Hüter/innen der über 200 Jahre alten europäischen Errungenschaften der Kultur wie uneingeschränkte persönliche Freiheit, Meinungsfreiheit, Freiheit der Presse und Künste etc...? Hat man die Allmacht der Religion nicht längst geächtet? Warum schaffen es ein paar Bornierte mit ihren Drohungen, in der Mitte Europas im Namen des Islam all diese humanen Errungenschaften zu vernichten und Andersdenkende zu terrorisieren? Soweit zu terrorisieren, daß sich sogar eine Museumsleitung gezwungen sieht, anders zu handeln, als es ihre PFLICHT ist. Die Pflicht nämlich, den Schutzraum der Kunst zu garantieren für eine offene Welt der Konflikte, der Brüche, der Gegensätze und der scheinbaren und tatsächlichen Unvereinbarkeiten. Den Schutzraum, den die Kunst braucht, um überleben zu können. Die Entscheidung der Museumsleitung – nachvollziehbar, aber nicht akzeptabel – bestätigt nur die Gültigkeit des berühmten „Jante-Gesetzes“ in allen Bereichen der Gesellschaft und legitimiert die muslimischen Drohungen. Eine absurde Selbstzensur, die demokratische Errungenschaften auf der Stelle liquidiert. |
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Ach Europa! Worum geht´ s denn überhaupt?
Hier geht es um ein Werk. Ein Werk, das sich um die Themen Erotik, Frau und Islam dreht, geschaffen von einem Kind Europas, von der aus Algerien stammenden und in Paris lebenden jungen Künstlerin Louzla Darabi, die versucht, eine poetische und spirituelle Versöhnung der Frau mit der Allmacht Allahs gerade durch den Akt der Liebe herzustellen. Sie singt das Lied, das alle Muslime vier Mal täglich singen: „Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes. Lob sei Gott, dem Herrn der Menschen in aller Welt, dem Barmherzigen und Gnädigen, der am Tag des Gerichts regiert! Dir dienen wir, und dich bitten wir um Hilfe. Führe uns den geraden Weg, den Weg derer, denen du Gnade erwiesen hast, nicht (den Weg) derer, die d(ein)em Zorn verfallen sind und irregehen.“ (Koran; Sure 1 „Die Eröffnung“) Gerade Louzla Darabi sucht diesen geraden Weg. Und das ist ein Weg, der auch durch den Akt der körperlichen Liebe zu erreichen ist. Eine Botschaft, eine Einladung zu gegenseitigem Respekt und zur Versöhnung zwischen Menschenkindern im Islam. Ein Tabubruch im weitesten Sinne des Wortes in erotisch-poetischer Form über Grenzen hinaus. Eine völlig neue Sprache in Zeiten des Wahns des neurotischen Pseudofeminismus. In Zeiten einer Übelkeit erregenden Sex-Besessenheit. Hier wird die Kunst als Medium für Frieden und Besinnung benutzt. Als Mittel, um Frau- und Menschsein zu legitimieren. Gegen tausend abscheuliche Theorien steht Louzla Darabis zartes und menschliches Postulat, nach dem „die körperliche Liebe gerade einer der verschiedenen Wege ist, die zur Schwelle der geistigen Welt führen kann.“ Ein absoluter Freiheitsakt, der Voraussetzung ist, um die geistige Welt erreichen zu können.
Mann oder Frau weiß es nicht. Vielleicht, wenn es sich hier um ein prominentes Opfer wie Salman Rushdie ginge, der neuerdings als amerikanischer PEN-Präsident in der „Sunday Times“ behauptet, „Pornografie könne in repressiven Gesellschaften wie etwa Iran oder Pakistan zum Bannerträger für die Freiheit, ja sogar für die Zivilisation werden“, sprudelten aus dunklen Quellen der Erde tausende Unterschriften, gründeten sich Komitees und predigten meinungsfreiheitliche Verse. Aber es geht hier nicht um Rushdie mit seiner intellektuellen und frauenfeindlichen Karriere oder um seine Genossen. Ach ja, das hatte ich ganz vergessen: Louzla Darabi ist keine bekannte Prominente. Durch sie kann man sich keinen weltweiten Namen erkaufen, an ihr kein Vermögen verdienen, sich nicht hinsetzen und mit den politischen „High Societies“ die nächste Konferenz über „Kulturpolitik in Europa“ planen und dabei vergessen, dass für die Zukunft Europas kräftigere Zähne nötig sind, als Kunstgebiß sie hat. Guten Morgen Europa! Wir lassen Deine Kinder nicht im Stich! Wenn wir auch nicht viele sind. Denn wir sind auf dem Weg dahin, wo Du schon vor 200 Jahren warst. Und wir lassen uns im Namen der Allmächtigen nicht ENTARTEN! Mainz, 14.04.2005 |