Die mit ca. 950 Jahren älteste Figur der Ausstellung wird wegen Kopf- und Rückgratdeformationen sowie gestauchter Unterarme als Darstellung eines Kleinwüchsigen interpretiert. Möglicherweise handelt es sich sogar um eine Frau - so vermutet jedenfalls Luschan bei dem vergleichbaren Wiener Objekt. (Das einzige uns bekannte vergleichbare Objekt befindet sich im Museum für Völkerkunde in Wien. Allerdings ist unser Zwerg mit einer Größe von 35 cm viel kleiner als das Wiener Objekt.)
Stilistisch wirft das Objekt einige Fragen auf. Die Ohren, anhand derer die stilistische Zuordnung normalerweise leicht vollziehbar ist, aber auch die Gesichtszüge weisen stilstisch eher auf Ife, vielleicht sogar Nok, und der Körper auf Benin. Fast zeitgleich, nur ein wenig später, ist der andere Zwerg der Ausstellung entstanden, der wiederum eindeutig Benin zuzuordnen ist. Das bringt nun noch mehr Verwirrung in die Frage nach der Ursprungsgegend der Bronzegusstradition - Ife oder Benin. Die Theorie, dass er in Ife liegen muss und in Benin erst im 14. Jahrhundert aufgegriffen worden sei, ist nicht länger haltbar. Vielmehr sieht es so aus, als wären beide Stile parallel entwickelt worden - möglicherweise beide in Benin.
Unsere Annahme bestätigte der Ine der Bronzegießer-Gilde, Chief K. Osarhenhen Inneh, während eines Vortrags am 10. Mai 2007 im Rahmen des Symposiums Benin - Könige und Rituale im Museum für Völkerkunde Wien als er von einer mittlerweile tausendjährigen Tradition sprach, die seine Organisation habe.
Vgl.:
Felix von LUSCHAN: Die Altertümer von Benin, Band 1, Berlin 1919, S. 299/ 300.
Philip J. C. DARK: An introduction to Benin art and technology, Oxford 1973, S. 97.
Paula Girshick BEN-AMOS: The art of Benin, London 1995, S. 43.
Barbara PLANKENSTEINER (Hg.): Benin. Könige und Rituale. Höfische Kunst aus Nigeria, Wien 2007, S. 308 - 311.
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