Galerie Peter Herrmann

1000 Jahre Benin-Bronzen
9. Februar - 22. März 2008

 

Eine öffentliche Diskussion über die Kultur in Benin begann ab 1897, als eine britische Militärexpedition das Königreich Benin eroberte. Der Palast und ein Großteil der Stadt brannte nieder. Der regierende Monarch wurde ins Exil geschickt und eine Kolonialregierung gegründet. Über tausend Bronzeskulpturen wurden damals als Beute nach England geschafft und durch Auktionen an Museen und private Sammler aus Europa und Amerika verkauft. Die Geschichte des Königreichs Benin vor dieser Zeit ist vor allem von oralen Überlieferungen geprägt. Über die erst 1910 bzw. 1938 bei Ausgrabungen gefundenen Bronzen im Ife-Stil ist noch weniger bekannt.

Im Gegensatz zur Stammeskunst waren die meisten dieser Objekte nicht zum Gebrauch, sondern für repräsentative Zwecke bestimmt. Ihre Hauptfunktion bestand vor allem in der Ehrung lebender und verstorbener Herrscher und Herrscherrinnen, in der Dokumentation von Palastszenen oder dem Festhalten von geschichtlichen Anlässen. Ob tatsächlich alle Benin-Bronzen für den Königspalast entstanden sind wie uns die Ethnologie suggeriert, ist jedoch fraglich, denn die Objekte der Ausstellung sind größtenteils außerhalb des Palastes gefunden worden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind viele Bronzen im Auftrag wohlhabender Familien entstanden.

Einige bedeutende Ethnologen haben kurz nach der Entdeckung bereits um 1900 wichtige Grundlagen zur Einordnung der Benin-Kultur geschaffen. Den wissenschaftlichen Grundstein legte Felix von Luschan, der damals das Berliner Völkerkundemuseum leitete. Auf diesen ersten Beschreibungen aufbauend forschten in den 60er und 70er Jahren vor allem in England z.B. Bradbury, Dark, Fagg und der Ife-Forscher Willett. Die zahlreichen Forschungen dieser Zeit brachten erste konkrete Interpretationsansätze und Versuche, die Kunst Benins und Ifes anhand der wenigen zur Verfügung stehenden Quellen in einem historischen Kontext zu sehen. Die wenigen älteren vorhandenen Quellen stammen ebenfalls aus europäischer Hand, von Portugiesen oder Holländern, wie Dapper, die seit dem Ende des 15. Jahrhunderts mit Benin im Handel standen. Zu den neueren wichtigen Forschern werden z.B. Paula Ben-Amos oder Armand Duchateau gezählt. In den letzten Jahren   melden sich außerdem immer mehr Wissenschaftler aus Nigeria zu Wort, deren Auslegungen sich in einigen Punkten von vorherrschenden westlichen Interpretationen unterscheiden.

Die prominenteren Bronzen befinden sich in Museen, wie dem British Museum in London, dem Berliner Ethnologischen Museum oder dem Museum für Völkerkunde in Wien. Die von der Beniner Bevölkerung bei ihrer Flucht zurückgelassenen Exponate wurden damals direkt aus dem Palast entfernt, gelangten durch die britische Militärexpedition nach London und gelten deshalb als authentische Objekte. Über den später gefundenen Benin-Bronzen schweben dagegen Unsicherheitsfaktoren, die sie in den Ruf von umstrittenen Objekten mit zweifelhafter Provenienz bringen.

Dabei ist die Altersbestimmung ein Unsicherheitsfaktor, der für alle Bronzen gleichermaßen gilt. Konkrete Altersangaben, wie wir sie durch die TL-Expertisen erhalten, werden nicht von allen gleichmaßen akzeptiert, so dass bislang auch für die Museumsobjekte kaum konkrete Zuschreibungen gemacht wurden. Auch für die Zuordnung der Bronzen zu Gießwerkstätten oder Künstlern ist bisher nur der Anfang getan.

Parallel zu einer thematisch vergleichbaren Schau im Ethnologischen Museum Berlin Dahlem erweitert unsere Ausstellung das klassische Thema der Benin-Kultur um mehrere wichtige Aspekte. Entgegen der gängigen Meinung, dass die ältesten Benin-Bronzen ca. 600 Jahre alt sind, präsentieren wir Ihnen bis zu 950 Jahre alte Objekte. Die These, dass Bronzen aus Benin über 1000 Jahre alt sein können, bestätigte uns der Ine der Bronzegießer-Gilde Chief K. Osarhenhen Inneh.

Außerdem stellen wir erstmals die als Ife-Köpfe bekannten, eindrucksvoll realistischen Bronzen als Teil der Benin-Kultur vor. Die hohe Qualität der Ife-Köpfe führte lange zu der Annahme, die Ursprünge der Bronzegießertradition seien in Ife zu finden. Mit mehreren älteren Benin-Bronzen können wir dieser These vehement wiedersprechen. Vielmehr gehen wir von einem Ife-Stil aus, der sich um Benin herum parallel ausgeprägt hat.

Mit 1000 Jahre Benin-Bronzen präsentieren wir Ihnen über 60 unbekannte Bronzefiguren, Reliefplatten und Köpfe aus der langen Kulturgeschichte des alten Benin. Die Präsenz so vieler bislang unbekannter Objekte außerhalb eines Museumskontexts schafft ganz neue Vergleichsmöglichkeiten zu den bereits bekannten Bronzen. Begleitende Texte hinterfragen die ethnologisch geprägte Forschung und fordern in vieler Hinsicht eine Neuordnung.



Ausstellungen

  Bronzen aus Ife und Benin

3. Februar - 14. April 2007

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1000 Jahre Benin-Bronzen

9. Februar - 22. März 2008


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