Knapp 10 Jahre Aufenthalt auf dem afrikanischen Kontinent, davon vier Jahre Nigeria (anglophon) und vier Jahren Kamerun (anglophon und frankophon). Geographische und politische Kenntnisse von Nord- West- und Zentralafrika durch ausgedehnte Reisen. Selbständige Arbeit als Innenarchitekt, Kunsthändler und Galerist. Seit 1989 eine Galerie in Stuttgart mit den Schwerpunkten afrikanischer traditioneller und zeitgenössischer Kunst. Entwicklung und Organisation als Kurator von Ausstellungen im In- und Ausland. Beratungen bei Film- und Fotoproduktionen.
Text zu der Ausstellung Vielfaches Echo
Zeitgenössische Kunst zwischen den Kulturen
Aboudramane |
Elfenbeinküste |
Abidjan/Paris |
Sokari Douglas-Camp |
Nigeria |
Calabar/London |
Kwesi Owusu-Ankomah |
Ghana |
Takoradi/Bremen |
Lawson Oyekan |
Nigeria |
Ibadan/London |
Chéri Samba |
Kongo |
Kinshasa/Paris |
In Bezug auf die Kunst erscheint Vielen der afrikanische Kontinent noch heute als sehr dunkel im Sinne von unerforscht. Sporadisch taucht etwas buntes Stoffiges oder lieblich Ebenholziges auf und erinnert an die Safari in Kenia. Begleitet wird diese Assoziation von einem ekstatischen Trommelwirbel verursacht von einem muskulösen Nuba ( oder so ähnlich ) von einer Schönheit betanzt, die mit nicht mehr bekleidet ist als Josefine Baker ( Amerika ! ) und eben dunkel ahnen läßt, daß ein Medizinmann nur auf seinen Einsatz ( Brimborium-hula )wartet.
So verwunderlich die Häufigkeit dieses Stereotyps immer noch ist, so interessant ist es auf der anderen Seite, in dem noch kleinen Segment des internationalen Kunstmarktes zu arbeiten, in dem sich afrikanische Künstler befinden. Im Bereich außereuropäischer Kunst sind es die Künstler Afrikas, die in den letzten Jahren durch selbstsichere Eigenständigkeiten immer stärker ins Rampenlicht rücken.
Eine neue Dimension, für die eine Ausstellung wie das Vielfache Echo wichtige neue Impulse setzt. Die Konzeption selbst spiegelt aus einem bestimmten Blickwinkel meine eigenen theoretischen Reflexionen über die künstlerischen Beziehungen zwischen Kontinenten und Kulturen. Ich bin überzeugt, daß wir in die vierte Phase einer Entwicklung eintreten, deren ersten drei im Folgenden etwas verkürzt dargestellt werden und die sich in diesem Ausstellungskonzept widerspiegeln. Daß dies in Stuttgart stattfindet, freut mich als Eingeborener ganz besonders.
Die erste Phase ist die Entdeckung des exotischen, der heroisierten "Wilden" und deren Aura, für die stellvertretend Paul Gauguin genannt werden kann. ( Ausstellung in der Staatsgalerie !! )Die zweite Phase ist die Entdeckung der Form afrikanischer und ozeanischer Kunst und das ihnen innewohnende Prinzip der Abstrahierung, hierfür steht als bekanntester Künstler Pablo Picasso. Für die dritte Phase, die Begegnung mit dem dieser Kunst zugrunde liegenden spirituellen Prinzip des Schamanismus, steht exemplarisch Josef Beuys.
Für die von uns beobachtete vierte Phase kann noch kein einzelner Künstler stellvertretend stehen, da sie erst beginnt. Hier versuche ich interpretierend zu wirken. Lange Jahre gab es, abgesehen von einigen wenigen, im traditionellen afrikanischen Stil hergestellten Objekten die meist stark reproduktiven Charakter hatten, keine zeitgenössische Kunst Afrikas, die Aufmerksamkeit auf sich zog. Immer drängte sich der Eindruck auf, dort befindet sich die Kunstproduktion gegenüber der westlichen Entwicklung im Hintertreffen. Heute stellt sich diese Situation jedoch völlig anders dar. Immer mehr Afrikaner behaupten sich im internationalen Kunstgeschehen mit sehr eigenständigen Ausdrucksmitteln. Sie haben ihre philosophischen Wurzeln in Afrika, wenn sie auch bei der Wahl der Ausdrucksmittel, in Form und Material keine typisch kontinentale Prägung mehr haben. Während die außereuropäischen Künstler, die in den ersten drei Phasen rezipiert wurden, anonym blieben und ihre Arbeit Ausdruck ihrer jeweiligen in sich geschlossenen und abgeschirmten Stammeskultur war, treten die der vierten Phase als eigenständige und anerkannte Künstlerpersönlichkeiten auf und sind stark geprägt von einer sich auf diesem Kontinent immer mehr ausbreitenden hybriden und kosmopolitischen urbanen Kultur. Diese neuen Künstler vertreten offensiv ein anderes Welt- und Kunstverstehen, sie stellen eine rein eurozentristische Kunstauffassung in Frage und integrieren sich damit im zeitgenössischen Kunstgeschehen .
Das beharrliche Fordern vieler internationaler Künstler aus allen Bereichen, endlich das zentralistische Denkmuster zugunsten globalerer Philosophien aufzugeben zeigt Auswirkungen, die auch immer mehr von Wirtschaft und Politik berücksichtigt werden. Was als definierte Entwicklung im Bereich der Musik und der Literatur schon viele Jahre klarer erkennbar ist, erfährt nun immer mehr eine Übertragung auch in der bildenden Kunst.
Die Rezeption afrikanischer Kunst (vorwiegend die afrikanische Kunst des 19. Jahrhunderts) reduzierte sich bisher auf eine romantisierende Vaterschaft der klassischen Moderne, während sie als zeitgenössische Kunst ethnologisch beurteilt wurde. Dagegen versuche ich, diese zum Klischee gewordenen "Bilder" durch eine experimentelle Juxtapositionierung von Werken unterschiedlicher Herkunft zu unterlaufen. Durch eine postmoderne, nicht ideologisch illustrierende Methode soll ein neuer Blick auf das Nebeneinander verschiedener Kulturen und Epochen geöffnet werden. Mit meinem Beitrag zum Vielfachen Echo, einer kleinen Auswahl von Künstlern meiner Galerie, zeigt sich dieses Nebeneinander in der Gesamtschau mit Galeriekollegen und Kulturinstitutionen.
In der Beachtung und Akzeptanz afrikanischer Kunst liegt Deutschland im mitteleuropäischen Vergleich am hinteren Ende. Bedingt durch mehrere Faktoren. In der Rezeption traditioneller Kunst dominiert in Deutschland eine stark nach rückwärts gerichtete Ethnologie, die Grund verkrusteter Strukturen und überholter Ansichten weite Bevölkerungskreise nicht mehr erreicht und viele Thematas stark isoliert in wissenschaftlicher Isolation festhält. Deutschland hat in kultureller Bearbeitung eine extreme Amerikadominanz und Blickrichtung, die sich aus unserer Vergangenheit der letzten fünfzig Jahre leicht verstehen läßt, sowie ein kollektives Schuldbewußtsein der Deutschen gegenüber Allen und Jeden. Mit falsch verstandenem Mitleid trübt dies den Blick auf Afrika, verzerrt und bringt eigentümliche Variationen von falsch verstandener Political Correctness hervor.
Es ist unter diesen Gesichtspunkten sehr interessant, daß das Thema der außereuropäischen Kunst gerade in Stuttgart, beziehungsweise in Baden-Württemberg in den letzten Jahren auf fruchtbaren Boden fällt. Entgegen der Meinung vieler, war Stuttgart schon immer Impulsen aufgeschlossen. Wertkonservativ geprägt, ist der Blick dennoch bedächtig nach vorne gerichtet. Geschult im dialektischen Denken, wissen hier viele, daß wichtige Impulse, ob bezüglich sozialer Ordnungen, politischer Strukturen oder kultureller Bereicherungen nicht im eigenen Sud entstehen.
In meiner Auswahl sind denn auch zahlreiche Faktoren berücksichtigt, die im Besonderen Unterschiedlichkeiten betonen sollen. Alle Künstler arbeiten mit unterschiedlichen geistigen Prägungen. Drei sind akademisch ausgebildet, zwei sind Autodidakten. Drei begannen in Afrika, zwei in Europa. Eine Frau schweißt, ein Mann arbeitet mit Keramik. Das große Feld der Malerei wird repräsentiert einmal von einem in unserem Sinne Intellektuellen und andrerseits von dem bekanntesten Afrikaner, der der Populärmalerei zuzurechnen ist. Mit den drei skulptural Arbeitenden sehen sie monumentales in Stahl, Lichtspiel in Porzellan und architektonische Maquettes und Totems aus Fundstücken.
Gemeinsam ist den Künstlern, daß alle international bereits anerkannt sind und in den Museen der Welt zu finden sind. Alle leben momentan in Europa und alle arbeiten sichtbar im Spannungsfeld zweier Kontinente.
Ich hoffe Ihnen mit den Bildern und dem Text genügend Material geliefert zu haben, das Sie neugierig macht auf meine Ausstellung und die meiner Kollegen. Ein E-Mail mit Ihren Eindrücken würde mich freuen. |