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Galerie Peter Herrmann |
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Alte Kunst aus Afrika |
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Thermolumineszenz - Expertise |
Kopf |
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Ife-Kultur, Nigeria
Bronze
32 cm
Das genaue Alter ist nicht feststellbar
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Abgebildet im Netz seit November 2024 |
idealisierter Kopf einer bedeutenden Persönlichkeit: |
Jedes Objekt hat innerhalb des allgemeinen Kontext auch eine eigene Geschichte. Dieser Kopf wurde von einem Pfarrer verkauft, der in Nigeria seine Gottesdienstbesucher bat, ihm alles heidnische von zu Hause zu bringen. Damit würde er nach Lomé reisen um das Geld für die Renovierung der Kirche zu generieren.
Das Alter des Kopfes ist mit der klassischen Thermolumineszenzanalyse nicht feststellbar, da er etwa 1967 repariert wurde. Dabei wurde der Kopf so hoch erhitzt, dass das messbare Material der Gusskernreste auf Null gesetzt wurde |
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Wenn Sie sich für Details der Altersbestimmung interessieren, finden Sie ein bis heute gültige Beschreibung aus dem Jahre 2008 von Peter Herrmann hier: Alterszuordnungen
Der Kopf wurde zu Feierlichkeiten auf ein Holzgestell montiert das lebensgroß vollständig bekleidet wurde. Die Kopfbedeckung begann unter dem sichtbaren Ansatz. Die Reparatur war also bei den Aufführungen nicht sichtbar. Man kann an der Reparatur unten rechts sehen, dass der Kopf einen starken Schlag abbekommen hat, der zu einem Riss führte der sich bis fast an den Hinterkopf zog. |
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Damit sich die Rissbildung nicht eventuell ins Gesicht weiterentwickelte und damit den Schaden sichtbar machen würde, entschied man sich für eine Reparatur. Die, wie in der Fotografie des Inneren sichtbar, sehr professionel durchgeführt wurde. Hier sind zum Verständnis der Vermutungen einige geschichtliche Details wichtig zu erwähnen. 1967 war noch keine Altersbestimmung durch die TL bekannt. Dass eine Reparatur eine Altersbestimmung über diese Methode unmöglich macht, konnte damals noch kein Gießer wissen. Auch dass der Wert eines Objektes vom Alter abhängig ist, war damals in Nigeria nicht bekannt. Ein Familienvorstand entschied also nach dem Besuch in einer Werkstatt nach rein pragmatischen handwerklichen Gesichtspunkten.
Dieser Pragmatismus fehlt oft in den wissenschaftlichen Büchern, die eine starke Neigung zur Spiritualisierung von Objekten haben und wenn möglich, den musealen Wert dadurch zu steigern versuchen, dass sie möglichst viel irgendwelchen Königen zuordnen. Diese Sichtweisen verfälschen in zweierlei Hinsicht den Blick auf Afrika und hier auf Nigeria. Man neigt in spritueller Hinsicht dadurch zu Überteibungen und, noch wichtiger, ignoriert das Vorhandensein einer urbanen Mittelschicht, die sich solche Gegenstände leisten konnte. Zur Erinnerung sei hier gesagt, dass bis etwa 1800/1850 der Metallwert von Bronzen ungefähr dem von Gold entsprach. Dass Ife Köpfe als Fälschungen mit vorgetäuschter Patinierung hergestellt wurden, ist erst seit etwa den 1990ern anzunehmen. Einen Artikel darüber mit genauer Beschreibung der Vorgehensweise wie der Galerist mit Erfahrung als Restaurator eine Fälschung entlarvte, finden Sie hier: Hergestellt als Replik.
Der Vorwurf von Fälschungen ist natürlich älter. Bezog sich aber auf Originale, die nicht im Besitz von Museen warem. Dort saß man einer selbstgeschaffenen Behauptung auf, dass es nur wenige Originale aus königlichem Besitz geben könnte. Das wurde in diesen Kreisen so lange zur Wertsteigerung des eigenen Inventars behauptet, bis sie sich letztlich selbst glaubten. Mit Wissenschaft hat das allerdings nichts zu tun.
Hier ein Blick ins Innere des Kopfes mit Blick auf die Reparatur. |
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Es handelt sich vermutlich um eine idealisierte Darstellung einer Person von Bedeutung. Die Literatur gibt an es sei ein Oni, König aus Ife. Der Galerist ist sich da nicht so sicher, weil einige der Köpfe in ihrer ruhenden Ästhetik sehr weibliche Züge haben. Entgegen früheren Beschreibungen, auch auf den Seiten der Galerie, die wir vorläufig der Korrektheit halber ungeändert stehen lassen, ist die Anwendung weitaus profaner. Auch dieser Kopf stammt aus Privatbesitz, ist also mitnichten irgendeinem Palast zuzuordnen wie Ethnologen und neurdings verstärkt Ethnologinnen mit Sehnsucht nach Prunk und Hoheit fabulieren. Wichtig auch hier wieder der handwerkliche, künstlerische Aspekt. Dieser nicht-monarchische Hintergrund hat überhaupt nichts mit der Qualität der Ausarbeitung zu tun.
Lange wurde gerätselt, wo der Ursprung der Bronzegießerei anzunehmen wäre. Eine Legende erzählt, ein König der Ife hätte im 14. Jahrhundert in seinem Gefolge das Handwerk nach Benin gebracht. Da sich jedoch die Bronzegießergilde in Benin etwa um das Jahr 1.000 gegründet hatte und demzufolge anzunehmen ist, dass schon länger als die Gildeexistenz gegossen wurde, ist die Annahme plausibler, dass der Ife-Stil in Benin gegossen und dann bestellte Bronzen nach Ile-Ife exportiert wurde. Perioden nach besser ausgearbeiteten Objekten vorzunehmen scheint ebenso wenig plausibel. Anhand von neuzeitlichen Fälschungen kann auch der von vielen Ethnlogen behauptete Niedergang der Kultur nicht aufrecht erhalten werden. Im Gegenteil wurde die Technik des verlorenen Gusses verbessert, weil Metalle für die Legierungen einfacher beschafft werden konnten.
Vgl. traditionelle, von P.Herrmann verworfene Literatur:
Frank WILLETT: Ife. Metropole afrikanischer Kunst, Bergisch Gladbach 1967, S. 36.
Barbara PLANKENSTEINER (Hg.): Benin. Könige und Rituale. Höfische Kunst aus Nigeria, Wien 2007, S. 272. |
Vergleichsobjekte: |
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Abbildungen: |
Federal Department of Antiquities, Lagos, Nigeria |
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Elsy LEUZINGER: Die Kunst von Schwarz-Afrika, Recklinghausen, 1972, S. 151. |
Ife Museum für Ife-Altertümer |
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Schätze aus Alt-Nigeria. Ministerium für Kultur, Berlin (Ost) 1985, S. 116. |
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Frank WILLETT: Ife. Metropole afrikanischer Kunst, Bergisch Gladbach 1967, S. 37. |
British Museum, London
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William B. FAGG: Bildwerke aus Nigeria, München 1963, S. 39. |
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Till Förster: Kunst in Afrika, Köln 1988, S. 2. |
Ife Museum für Ife-Altertümer (Kopie) |
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Ekpo EYO, Frank Willett: Kunstschätze aus Alt-Nigeria, Mainz 1983, S. 21. |
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Detailansicht. Gleichmäßig gewachsene Patina |
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