Die Beschreibung dieses Kopfes ist eine andere, als beim vorherigen stilgleichen Kopf mit einem Text von Dorina Hecht. Das hängt mit Informationen zusammen, die über Händler transportiert werden, also nicht wissenschaftlich belegt sind. Da verschiedentlich auf diesem Weg schon glaubhafte Beschreibungen entstanden sind, die der ethnologischen Literatur widersprechen, die ihrerseits oft nur Gerüchtebasiert ist, möchte ich sie an diesem Beispiel wiedergeben.
Dieser Kopf bilde eine weiblich Person ab. Sie sei die idealisierte Abbildung einer Mutter eines Königs. Man beachte: nicht die Königinmutter wie fälschlich zwei falsch verbundene Substantive suggerieren. Sie ist ergo sowohl als auch. Also die idealisierte Darstellung der Mutter des Königs von Benin, aber auch die idealisierte Mutter anderer Könige aus dem Umland. Also ein eher allgemein zu betrachtendes Statussymbol.
Interessant an diesem Kopf ist die Definition von Authentizität. Zum Zeitpunkt des verfassens dieses Textes ist das Alter noch unklar. Nur vermutet alt mit etwa 18. Jahrhundert. Sollte er neu sein, also von europäischen Kategorisierern als Replik geordnet, stimmt die Betrachtung und Bewertung nicht mit der von Bewohnern des Kulturkreises der Bini überein. Die indigene Betrachtung außerhalb des Handels kennt keinen Alters- sondern nur einen Qualitätsbegriff. Das ist sehr wichtig zu betonen, weil, außer den Mietjammerern die in westlichen Medien zu Wort kommen, viele Nigerianer gar nicht richtig begreifen, worin der Sinn des Restituionszirkus der letzten Jahre liegt.
Diese Informationen sind von einem Händler aus Lomé, der schon mit meinem Freund Arnulf Stößel und mit dem sehr geschätzten Kollegen René David arbeitete. Der also die Kriterien kennt, die uns Europäern wichtig sind.
Das etwas verwirrende, so der Händler, dass die seitlichen Zöpfe, der wenig verzierte Hut und der Halsschmuck in bestimmten Fällen auch Rangzeichen für Männer sein können. Dies Auslegung gibt also zuerst Felix von Luschan recht, aber auch späteren Korrekturen.
Vgl.:
Felix von LUSCHAN: Die Altertümer von Benin, Band 1, Berlin 1919, S. 357.
Philip J. C. DARK: An introduction to Benin art and technology, Oxford 1973, S. 94.
Barbara PLANKENSTEINER (Hg.): Benin. Könige und Rituale. Höfische Kunst aus Nigeria, Wien 2007, S. 373. |