Galerie Peter Herrmann

	Klassische Kunst der Benin- & Ifekultur

Benin, Nigeria. Ibo-Stil
16. Jahrhundert
Bronze
23 cm

Schmucknarben auf der Stirn, Korallenhalsschmuck, eine Flechtfrisur mit konzentrischen Ringen, die meist Ibo-Frisur genannt wird, und das möglicherweise für Elfenbein vorgesehene Loch am Oberkopf sind genau wie der herzförmige, leicht geöffnete Mund immer wiederkehrende Merkmale dieses Kopftyps aus dem Benin des 16. Jahrhundert. Die rote Färbung an der Stirn verweist sehr deutlich auf die typischen Eisenplättchen, die zur Betonung der Schmucknarben oft eingesetzt wurden. Auch die Pupillen waren häufig mit Eisenplättchen ausgelegt - in diesem Fall nur noch an dem linken Auge vorhanden. In vielen afrikanischen Gesellschaften wird dem Eisen eine besondere Kraft zugesprochen und im Falle der Benin-Bronzen insbesondere für die Darstellung von Pupillen und Schmucknarben verwendet.

Seine Schnurrhaar-Tatauierung bildet hier eine eher seltene Ausnahme. Dennoch ist dieser Kopf dem Kopf ohne die Schnurrhaarnarben in sonst allen Merkmalen so ähnlich, dass ein inhaltlicher Zusammenhang und eine gemeinsame Deutung logisch erscheint. Aber solange Ursprung und Lesart der Tatauierung für diesen Kopf nicht ausreichend erforscht sind, kann auch der Zusammenhang zwischen beiden Kopftypen nicht geklärt werden. Philip Dark sieht das Objekt in Verbindung mit der stehenden Figur eines Boten, der eine ähnliche Schnurrhaar-Tatauierung trägt. Problematisch ist dabei, dass auch ihre Bedeutung nicht eindeutig geklärt ist. Sie wurde als Bote, Priester, König und Mitglied eines Geheimbundes interpretiert.

Die Verbindung zu dieser Botenfigur erscheint plausibel, aber vor allem verweist sie auf eine Verortbarkeit des Kopfes in die Kultur Benins, was z.B. von Paula Ben-Amos bestritten wird.

Vgl.:
Ekpo EYO, Frank WILLETT: Kunstschätze aus Alt-Nigeria, Mainz 1983, S. 136.
Paula Girshick BEN-AMOS: The art of Benin, London 1995, S. 26.
Philip J. C. DARK: An introduction to Benin art and technology, Oxford 1973, S. 94.
Barbara PLANKENSTEINER (Hg.): Benin. Könige und Rituale. Höfische Kunst aus Nigeria, Wien 2007, S. 373.