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Peter Herrmann. Oktober 2008 |
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Der neueste Stand von Analysen über Bronzen aus Westafrika. Aus der Sicht freier Kunstvermittler und des anspruchsvollen Kunsthandels.
In verschiedenen Artikeln veröffentlichten Dorina Hecht und Peter Herrmann in den letzten zwei Jahren Aspekte zu einer Neuinterpretierung von Bronzen aus Westafrika mit Schwerpunkt Nigeria. Die Reaktionen darauf waren sehr unterschiedlich. Auf der einen Seite eine anspruchsvolle Gruppierung von Händlerkollegen und Sammlern, die unsere Arbeit begrüßten und sich freuten, dass ihnen Argumentationsmaterial gegeben wurde. Auf der anderen Seite eine kleine Gruppe, die unsere Objekte und Ausführungen mit großem Misstrauen betrachten und durchaus hinter vorgehaltener Hand allerlei kolportierten. Wie üblich, gibt es dazwischen noch eine unentschlossene Gruppe, die mangels Detailkenntnissen interessiert abwartet, wohin sich der Diskurs bewegt.
Da wir jüngst noch einige kleine Versuchsreihen mit Bronzen aus Kamerun angelegt hatten, neue Erkenntnisse bezüglich Bronzen aus Nigeria bekamen und Ergebnisse der 1920 erworbenen Sammlung Paul Garn aus Dresden auswerten konnten, habe ich mich entschlossen, das ganze Thema resümierend noch einmal anzugehen.
Voraussetzung für ein Verständnis meiner Ausführungen ist der Konsens, dass Thermolumineszenzanalysen anerkannt sind. Ich wüsste momentan niemand, der diese, im Artikel kurz TL genannten Analysen, im Ganzen ernsthaft anzweifelt. Geschah es doch, konnten wir ausnahmslos recherchieren, dass Missverständnisse oder gezielte Denunziation von Marktteilnehmern die Ursache dafür waren.
Weltweit ist dieses Verfahren von den bedeutendsten Museen und Sammlungen angewandt und Grundlage vieler Forschungen. Für uns ist das TL-Verfahren Basis aller Argumente. Die derzeitige Problematik beginnt, wo Ergebnisse der TL einem Analyseergebnis auf metallurgischer Basis widersprechen.
Von drei Objekten der Benin-Kultur mit eindeutiger Altersbestimmung durch TL, ließ einer unserer Einlieferer bei dem deutschen Labor Neunteufel auf metallische Zusammensetzung und Patina testen. Bei allen drei Analysen entstand, der TL widersprechend, das Ergebnis Neu. Auch wenn diese Expertisen wegen gravierender Fehler zu verwerfen sind, ist leicht zu erraten, dass sowohl bei dem TL- als auch bei dem metallurgischen Labor eine gewisse Nervosität entstand, die mit beruflicher Akzeptanz zu tun hatte und sich übertrug auf die jeweiligen Kunden, die sich ihrerseits polarisierten.
Ich hatte mich also auf dieses Thema konzentriert und musste, ebenfalls aus Reputationsgründen, ein schlüssiges Ergebnis anstreben. Wieder musste ich mich fragen, ob hier nach modernen Methoden gefälscht werden könnte.
Schon in den Neunzigern argumentierte Herr Dr. Hermann Forkl vom Stuttgarter Lindenmuseum, es gäbe Bestrahlungsmethoden, mit denen man jedem beliebigen Objekt ein gewünschtes Alter beifügen könnte und löste damit gerichtliche Prozesse aus. Leider konnten wir bis heute dieses ominöse Gerät nicht finden mit dem man so exakt arbeiten könnte, dass es ernsthaft für Kopien in Frage käme. Recherchen bei Wissenschaftlern ergaben, dass ein hohes Alter über Strahlenbeschuss theoretisch zu erreichen wäre, aber dass es in der praktischen Umsetzung schlicht nicht möglich ist, alle Prüfungsmethoden damit zu umgehen. Zu komplex sind die auszuwertenden Kurven von Quarzen und Feldspat bei der TL und es lassen sich Tracks einer internen Alphabestrahlung nachweisen. Ganz zu schweigen davon, dass bei einem solchen Strahlenbeschuss ein Alter erreicht werden müsste, das mit stilistischen Details übereinstimmt. Ich wüsste momentan niemand, der diese Beschusstheorie noch aufrecht erhält.
So schlug das Pendel also in Richtung Unglaubwürdigkeit von metallurgischen Methoden. Die uns vorliegenden Expertisen erschienen uns in hohem Maße unwissenschaftlich. |
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Nicht bestreiten wollten wir in der Anfangsphase der Vergleiche die Analyse als solche. Wie die Legierung bestimmt wurde schien zunächst korrekt, aber die Schlussfolgerungen nicht. Weil in alten englischen Reihenuntersuchungen Zinkanteile vorgegeben wurden, hielt sich der Analyst unhinterfragt an diese und folgerte aus der Differenz zu unseren untersuchten Objekten, dies "könne nicht sein". Aufgrund eines zu hohen Anteils "könne" ein über die TL mit 400 Jahren datiertes Objekt frühestens aus dem 18. Jahrhundert kommen. Eine niedrige Konzentration von Antimon und Arsen "deute" auf einen noch jüngeren Herstellungszeitraum. Die Materialanalyse begann immer unkorrekter zu werden. So unterschied der Analyst nicht zwischen Aluminiumoxyd und metallischem Aluminium. Da ein Objekt 0,5 % Aluminium enthielte, dies in metallischer Form erst seit Ende des 19. Jahrhunderts hergestellt werden könne, schlussfolgerte der Analyst sein "könnte nicht" und leitet aus Vermutungen ein absolutes Ergebnis ab und behauptete "neu".
Er ignoriert dabei, dass bei herkömmlichen Materialanalysen zwischen Aluminiumoxyd und metallischem Aluminium gar nicht unterschieden wurde. Aluminiumoxyd ist in der Legierung enthalten, weil es als Bauxit bei der Verhüttung westafrikanischer Erze und darüber hinaus natürlich auch im Tonkern und im Tonmantel der Gussform enthalten ist. Von uns untersuchte neue kunsthandwerkliche Objekte aus Nigeria enthielten keine Spuren von Aluminium. Sie waren aus heute preiswerteren Importmetallen gefertigt. |
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Eine weitere, von mir noch nicht nachgeprüfte Theorie geht sogar davon aus, dass bei bestimmten lokalen Gussmethoden in Westafrika eine Hitze erreicht wird, die zur Bildung von metallischem Aluminium in der Legierung ausreicht. In der Beschreibung eines Chemikers erschien mir dieser Aspekt so plausibel, dass ich ihn hier als Randnotiz erwähnen möchte. (*)
Da sich die Theorie des Aluminiumanteils als Indiz für "neu" schon so lange in der metallurgischen Analyse festgemacht hat, taucht noch eine weitere wichtige Frage auf. Warum sollte ein ominöser Fälscher sich die Mühe machen, Legierungen zu interpretieren, eine Patina nachzumachen, einen gefälschten Gusskern einzubringen, - und vorher eine Getränkedose in die Legierung zu werfen, damit ein Aluminiumanteil drin ist. Das macht aus handwerklicher Sicht absolut keinen Sinn.
Die Reihenanalysen aus alten Quellen sind nichts anders als Postulate aber keine Tatsachen. Im Artikel von Dr. Peter Junge im Katalog Benin - Könige und Rituale nachzulesen. Dort zeigt er an mehreren vorhandenen Reihungen auf, dass sich diese bei der Alterszuordnung widersprechen.
Zusätzlich zur metallurgischen Untersuchung wurde vom oben erwähnten deutschen Metallanalysten die Patina nach ihren Elementen beurteilt. Auch hier findet sich lediglich eine Aneinanderreihung von Vermutungen. Sie gipfelt in der Aussage, dass durch Kaliumpermanganat und anschließendes Erhitzen eine schwarzbraune Farbe erzielt wurde, das ein größeres Alter vortäuschen sollte. Außerdem ging der Analyst selbstverständlich von einer Erdlagerung des Objekts aus und zieht daraus den Schluß, daß Chlor, Schwefel und Zinn dafür die falsche Anreicherung hätten. Zuerst einmal sind die meisten Bronzen aus Westafrika keine Erdlagerungen. Die drei von ihm untersuchten ganz sicher nicht. Im Falle der Benin-Kultur und der Kameruner Bronzen stammen die meisten der uns bekannten aus oberirdischer Herkunft und standen durch die Jahrhunderte an der Luft. Von der Herstellung scheinen dem Analysten die Kenntnisse zu fehlen. In weiten Teilen Westafrikas wird und wurde unmittelbar nach der Herstellung mit organischen Substanzen eine feine, braun durchscheinende, künstliche Patinierung erzeugt, weil in vielen Epochen das frische Goldgelb oder das rötliche Gelb so gar nicht gewünscht war und ist.
Diese Patinierung wird heute noch anschaulich in Kamerun bei der Herstellung von kunsthandwerklichen Artefakten angewendet. Wichtig zu betonen ist dabei, dass es nicht zum Zwecke einer Fälschung so bearbeitet wird, sondern weil es sich als Kundenwunsch besser verkaufen lässt. Kaum jemand käme auf die Idee, europäische Stilmöbel als Fälschungen zu bezeichen, wenn sie verkaufsfördernd patiniert werden. Hier wie dort erkennt ein erfahrener und seriöser Händler mit einem Blick den Unterschied zwischen alt und neu.
Was wir alle nicht wissen, ist, mit welchen Reinigungsmitteln im zwanzigsten Jahrhundert in westafrikanischen Haushalten gereinigt wurde. Wenn wir von unserer eigenen jüngsten Vergangenheit als Maßstab ausgehen, wurde hier kaum mit sanften Biomitteln abgetupft. Reinigungsmittel hatten richtig in sich, was Chemikalienhersteller schon seit Ende des neunzehnten Jahrhunderts vorgaben. Was sich aus diesen Mittelchen alles auf der Oberfläche ablagerte und an Reaktionen provozierte, wäre vermutlich noch einmal eine groß angelegte Untersuchung wert. Des weiteren wurden in Westafrika zu verschiedenen Zeiten metallene Objekte blank geputzt bevorzugt. Eine messbare Patinierung setzte deshalb oft erst viele Jahre nach der Herstellung ein.
Es zeigte sich bei allen Argumenten schnell, dass eine Patinaanalyse nur sehr bedingt Aufschluss geben kann. Sie setzt eine Nichtbehandlung oder sanfte Reinigung ebenso voraus, wie eine homogene Lagerung und, darüber weiß man noch gar nichts, über ästhetischen Zeitgeschmack und der daraus abgeleiteten Oberflächenbehandlung. |
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Eine analytische Untersuchung einer Metallprobe und der Patina musste also zunächst verworfen werden. Nicht, dass es keinen Sinn hätte so vorzugehen, sondern der Stand der Untersuchungen reicht noch nicht aus, um daraus exakte Schlüsse ziehen zu können. Bisher ist die TL-Analyse exakter, da sie Absolut analysiert.
Diese beschriebenen Ergebnisse wurden weitgehend von allen Lagern geteilt. Doch ein anderes Argument, das gegen die Brauchbarkeit der TL ins Feld geführt wurde, beschäftigte uns sehr. Die TL bewertet über Reste des Tonkerns. Da dieser nicht Bestandteil der Legierung selbst ist, liegt natürlich der Verdacht nahe, dass ein Fälscher in der Lage sein könnte, diese kleinen Reste einzubringen. Dies ist zwar ein naheliegender Gedanke und es wird auch gemacht, aber es ist zu entdecken. Von einer erwähnten Fälschungsschwemme kann absolut nicht die Rede sein. Erst ein einziges Mal hatten wir ein solches Objekt in Arbeit. Zu Pulver zerriebene Tonscherben müssen mit einem Bindemittel angebracht werden. Nur mit Wasser gelöst, haftet das Material wie Sand und lässt sich ohne großen Widerstand abbröseln. Also benötigt man Zusatzstoffe um sie derart solide wie ein originaler Gusskern zu befestigen, den man durchaus mit Kraft abkratzen muss. Diese bindenden Zusatzstoffe und ein nicht mehr homogenes Tongebinde reagieren mit kleinen Abweichungen bei der TL-Analyse, tauchen als Störfaktor auf und beunruhigen den erfahrenen Probeentnehmer. Eine zusätzliche organische oder anorganische Bindemittelprüfung löst hier die Frage.
Ein Fälscher hätte auch ganz praktische Probleme. Er müsste ein riesiges Regal besitzen, in dem er eine Auswahl von TL-geprüften Bruchstücken hat. Diese Scherben müsste er zerreiben und nach stilistischem Feingefühl altersgerecht in eine Figur einbringen. Da er aus der Literatur nur ungenaue Alter herauslesen kann, müsste es sich bei einem Fälscher um eine enorm gut ausgerüstete Person mit superlativen Kenntnissen handeln. Abgesehen davon, dass noch immer das Bindemittelproblem für ihn nicht gelöst ist, ist kaum vorstellbar, dass seit Jahrzehnten Fälschungen auf den Markt gelangen sollten, ohne dass jemals eine hieb- und stichfeste Fälscherpersönlichkeit gefasst werden konnte. Darüber hinaus ist für einen erfahrenen Probeentnehmer eine künstlich eingebrachte Terrakottaprobe einwandfrei von einer Gusskernprobe unterscheidbar.
Bronzen lassen sich nicht mit Terracottaobjekten vergleichen. Wenn man Ausgrabungsscherben der Nok-Kultur hat und davon als Puzzle eine Figur zusammenbaut, sind diese Scherben mit absolutem und passendem Alter deckungsgleich mit stilistischen Zuordnungen. In Bronzen lassen sich keine gebrannte Scherben einfügen. Pulverisiertes Material reagiert diffus.
Ähnlich der weiter oben genannten Strahlenkanone tauchte noch die Theorie einer Hochdruckeinbringung von bindemittelfreiem Gusskern in Puderform auf. Wie dies allerdings gemacht werden soll, entzieht sich unserer Kenntnis. Durch entstehende Reibungshitze ab 220 Grad bei Hochdruck, wird das messbare Material je nach Hitzegrad ganz oder teilweise gelöscht. Die TL-Analyse interpretiert durch diese Beeinflussung ein zum jüngeren Datum verschobenes Ergebnis oder wertet sogar rezent. Bisherige Nachforschungen ob es zu dieser Methode eine alternative Variante gibt, führten zu keinem Ergebnis. |
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In vielen Gesprächen äußerten Zweifler unserer Untersuchungen Bedenken, dass einer TL-Expertise unseres Analyselabors kommerzielle Interessen zugrundeliegen. Unabhängig von Inhalten wurden auftauchende Widersprüche mit Expertisen der Oxford-Universität verglichen und eine Unabhängigkeit dieses Instituts als deren Vorteil postuliert. Abgesehen davon, dass es eine so genannte unabhängige Wissenschaft fast nicht mehr gibt, überraschte uns die populistische Breite der Ansicht, dass deshalb Oxford relevanter sei. Dieser Unabhängigkeit wollten wir nun nachgehen.
Wir lieferten einen Gedenkkopf im Ife-Stil mit Provenienz der Sammlung Paul Garn aus Dresden, der diesen Kopf zwischen 1920 und 1930 erwarb, in das Analyselabor Begbroke Science Park der Oxford-Universität ein. Eine vorher erstellte TL ergab ein Alter von +- 550 Jahren. Die Betonung auf Herkunft und Kaufdatum ist deshalb von Bedeutung, weil zu dieser Zeit niemand auf die Idee kommen konnte, wie auch immer einen Gußkern einzubringen. Zu dieser Zeit existierte weder die Vorstellung einer TL-Analyse und folgerichtig machte sich niemand Gedanken über Einbringung des für diese Analyse notwendigen Gusskernrestes, noch existierte die Vorstellung von Fälschung im heutigen Sinne. Die bisherigen metallischen Analysen unserer Einlieferer wurden von Objekten gemacht, die in den letzten Jahrzehnten nach Deutschland eingeführt wurden und somit vage theoretisch die Möglichkeit für Fälschung bestand, auch wenn wir Verdachtsmomente, wie ausgeführt, detailliert widerlegen konnten. Wir wollten jede Möglichkeit in Betracht ziehen um unsere Untersuchungen zu untermauern.
Bevor ich näher auf die Oxford-Analyse eingehe, nehme ich das Resultat vorweg. Sie ist ebenfalls eine äußerst zweifelhafte Angelegenheit.
Ich ging zunächst davon aus, dass eine Metallanalyse als solche richtig sein werde, aber vermutlich das gefolgerte Resultat nicht in unserem Sinne ausfallen wird. Ich nahm an, dass der Kopf Aluminium anzeigen und einen zu hohen Zinkanteil aufweisen wird. Maßgeblich sind diese zwei Resultate die Ursache für die ganze Widerspruchsdebatte zwischen Metallanalyse und TL.
In der Analyse von Oxford steht einleitend, wir hätten das Objekt eingeliefert um es mit zwei Köpfen im Ife-Stil zu vergleichen, die 1938 ausgegraben wurden und von Willett beschrieben wurden. Dies war der erste Fehler. Hatten wir nicht. Wir wollten eine Metallanalyse und sonst gar nichts. Dennoch ist der Vergleich mit diesen Köpfen sehr interessant. Die von Dr. Peter Northover herangezogenen Vergleichsköpfe im Ife-Stil stammen beide aus zeitgleichen Ausgrabungen in Ife. Unser Kopf war vermutlich nie vergraben, sondern reagierte an der Luft. Die zwei Köpfe hatten einen Zinkanteil von 10 %, unserer von 33 %. Dieser Umstand, als einer von zwei Hauptgründen, bewog den Analyst, auf "falsch" zu ordnen und "neu" zu kategorisieren. Vergleicht man die 33 % Zinkanteil nun aber mit allen vorhanden Untersuchungen zu Benin- und Ifebronzen sind sie hoch, aber klar im Bereich des Möglichen. 33 % Anteil zieht sich über mehrere Stilvarianten und über mehrere Jahrhunderte. Zink wird in Nigeria verhüttet. |
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Das zweite Argument für "neu" war, wie erwartet, 0,3 % in der Legierung enthaltenes Aluminium. Wichtig in diesem Zusammenhang ist zuerst, dass die zum Vergleich herangezogenen zwei Ife-Köpfe noch nicht auf Aluminium untersucht wurden und deshalb die Grundlage für einen Vergleich gar nicht gegeben war. Auch bei dieser Analyse wurde erstaunlicherweise nicht zwischen Oxyd und Metall unterschieden. Die vereinfachte Analyse von Oxford kann zwischen diesen beiden Zuständen gar nicht unterscheiden. Es ist also schon klar die Situation gegeben, dass nicht nur ein Resultat falsch interpretiert ist, sondern bereits Fehler in der Analyse stecken.
Eine Entzinkung an der Oberfläche durch Korrosion, die als normaler Prozess durch unterschiedliche Spannung von Kupfer und Zink an der Luft vonstatten geht, wird in der Oxford-Analyse falsch interprätiert. Die Oberfläche sei zur Herstellung einer falschen Patina mit einer Fackel geflammt, was den Zinkanteil verdampfen ließ. Vom Analysten entdeckte Eisen-Nickel-Verunreinigungen in einer definitiv falsch angelegten Vergrößerung lassen den Analysten schon wieder zu der Aussage gelangen, dies könne in einem Ife-Kopf nicht sein.
Dies sollten nach genauerer Analyse der Expertise nicht die einzigen Fehler bleiben, die man in Oxford machte. Wild und ohne relevante Grundlage spekuliert der Analyst über Mengen von Metallanteilen in der Legierung und Korrosionsspuren auf der Oberfläche, benutzte irrelevante Methoden und ist völlig veraltet in der Analyse. In einem gesonderten Artikel gehen wir auf alle diese Fehler ein und müssen daraus ableitend kategorisch feststellen, dass diese Analysen so nicht zu benutzen sind.
Eine besonders bizarre Note erhielt die Expertise mit einem angegebenen Alter von 50-60 Jahren. Diese Angabe erfolgte ohne nachvollziehbare Grundlage und ist so exakt wie ein am Biertresen gewürfeltes Ergebnis. Auf jeden Fall wäre der Kopf damit jünger als sein Kaufdatum.
An dieser Stelle beginnt sich nun aufzuhellen, warum einige "Experten" den Begriff "Fälschungsschwemme" benutzten, die wir nie nachvollziehen konnten.
Kann es sein, dass die großen Auktionshäuser, die meist keine Analyseergebnisse in ihren Katalogen angeben, aber bekanntermaßen mit Oxford zusammenarbeiten, einen großen Ausschuss an Objekten nach einer Analyse haben? Wenn sowohl eine TL, die ebenfalls in Oxford angeboten wird (!), als auch eine metallische Analyse gemacht wurde und sich dadurch bei einem Großteil der geprüften Objekte zwischen beiden Analysen ein Widerspruch ergab, wurden diese Objekte dann ausgesondert und ergaben damit eine Rückgabe an den Einlieferer mit dem Hinweis "Fälschung"? Nur ein kleiner Teil, der mit den metallischen Reihen bei Blei und Zink übereinstimmte und meist aus überseeischen Importlegierungen ab dem 15. Jahrhundert ohne Aluminium bestand, hätte demnach die Chance gehabt, in eine Auktion zu gelangen?
Von der Mutmaßung wieder zurück zu konsequenter Logik, der wir die Aussage 50-60 Jahre zugrundelegen. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine TL, ergo keine Fälscherintention, die mit einer Gusskerneinbringung operieren konnte. Seit den 1970ern gibt es TL-Analysen, die der universitären Metallanalyse zunächst ergänzend beigestellt wurde. Ein wirkliches Problem begann vor etwa 10 Jahren, als kommerzielle Metallanalysten auf den Markt drückten und sich die Expertisen immer mehr widersprachen. Es schien nicht mehr Konsenssuche im Vordergrund, sondern Verdrängungswettbewerb.
Von falschen Analysen abgeleitete Anschuldigungen dieser Laborbetreiber haben eine fatale Wirkung auf den Handel und somit auch auf den Autor. Sie unterstellen damit, zu Ende gedacht, ich hätte schon vor 1989, dem Datum meiner ersten Analyseaufträge, an Objekten aus Nigeria und Kamerun Gußkernreste eingebracht. Schlussfolgernd hätte ich dies prophetisch bei Objekten gemacht die stilistisch Anfang der Neunziger noch gar nicht näher bestimmt waren und diese vorrausschauend mit einem Alter versehen, das mit keiner damaligen Forschung übereinstimmte.
Die Irrelevanz der Aussage von Oxford und ableitend davon auch von den uns vorliegenden deutschen Metallanalysen nimmt weitere Größen an. Über Dänemark in den 1950er eingeführte Objekte aus Nigeria, in den 1940ern eingeführte Bronzen aus Kamerun, in den 1920er eingeführte Bronzen aus Mali, aus Nachlässen, von Privatpersonen, von europäischen und afrikanischen Händlern - alle wären nach der Metallurgentheorie in einem ominösen Labor gelandet, wo sie nach einer Methode die niemand benennen kann mit Gußkernresten versehen wurden. Dies alles wäre so gut getarnt, dass nach dreißig Jahren kommerzieller TL noch niemand einen Fälscher und seine Methode nennen kann. Dass es keine Beweisführung gibt, nach welcher Methode diese Einbringung funktionieren soll, außer mit Bindemittel versehenes Pulver einzuschmieren. Dass hunderte, tausende Objekte von Sammlern und Händlern sich in ein Fälscherkartell fügten, dessen Strukturen nie offengelegt werden konnten?
Die Altersangabe von "neu" oder "50-60 Jahren" ist so absurd, dass wir es, davon ableitend, mit einem Fälscherring in einer nie dagewesenen Dimension zu tun hätten. Zu Ende gedacht, gäbe es eine Gruppe die es schafft, Händler, TL-Labors, Sammler und Wissenschaftler so für ihre Interessen einzuspannen, dass die nicht merken, für was sie benutzt und missbraucht werden. Ein weltweit vernetzter Ring von Menschen, die sich nicht kennen, sich nie gesehen haben, keinem gemeinsamen Verein, keiner Loge angehören. Alle hätten die absurde Gemeinsamkeit, eine Fälschungsmethode anzuwenden, die niemand nachweisen kann? All dies, nur weil ein Paar Expertiseure auf fragwürdige und veraltete Methoden der Metallanalyse bestehen?
Es gibt schon Gerichtsurteile aus den 1990ern, in denen namhafte Experten mit Doktoren- und Professorentitel ein Vorhandensein von Aluminium bestätigen. In denen Zinkanteile in unterschiedlichen Mengengrößen bestätigt wurden. In denen Bleibestandteile und deren Reaktionen, die Oxford noch heute zugrunde legt, ad absurdum geführt wurden und die diese Prozesse ohne Einschränkungen anhand von Benin- und Ifeobjekten zu 100 Prozent gewonnen haben.
Gerichte und Wissenschaftler. Auch sie alle in einem riesigen gemeinsamen Ring vereinigt? |
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Resümee
Von solchen monströsen Denkgebilden sollte man sich bitte verabschieden, um bei der Zuschreibung von Objekten auf einen für alle verträglichen Boden zu kommen. Die auf metallische Analysen spezialisierten Labors müssen ihre Prüfungskriterien ändern. Es ist eindeutig, dass hier Analysefehler vorliegen und noch eindeutiger, dass Schlußfolgerungen falsch sind. Juristisch, wissenschaftlich und kunsthistorisch kritisierte Fehler können von diesen Labors nicht aufrecht erhalten werden. Es ist eindeutig, dass diese Fehlerquellen die Ursache für unsinnigen Streit unter Sammlern, Händlern, Ethnologen und Kunsthistoriker sind.
Wie mehrfach in vorhergehenden Artikeln beschrieben, enthält die Verweigerungshaltung dieser Analyselabors weiter gehend eine evidente Diskriminierung von Handwerkern, Künstlern und Kunsthistorikern der Ursprungsländer und reicht somit bis in politisch-diplomatische Bereiche.
Schon einmal, als um 1900 Bronzen aus Nigeria in Europa angekommen sind, wurden wichtige Einsichten in das Kunstschaffen Afrikas mit der Begründung abgelehnt, dass die dortigen Wilden zu solchen Leistungen nicht fähig seien. Subtil haben Teile der Ethnologie den Umweg gewählt, diese Kunst einem Gottkönigreich zuzuschreiben um ein verhängnisvolles Erklärungsmodell weniger Ausnahmequalitäten und eines Kulturniedergangs zu konstruieren, das vom kolonialistisch-absolutistischen Geist des 20. Jahrhunderts geprägt war und heute in der Haltung strukturkonservativ geprägter westlicher Sammler und Wissenschaftler fortlebt.
Warum nur tun wir uns mit Afrika so schwer?
Wenn wir ein modernes, gleichberechtigtes Verhältnis mit verschiedenen Ländern Afrikas aufbauen möchten, müssen wir auch deren Positionen lernen zu akzeptieren. Der Bronzeguss in Kamerun ist mindestens dreihundert Jahre alt. Ergo gibt es auch Objekte, die so alt sind. Es gibt viel mehr Bronzen in Nigeria als in der Literatur beschrieben und wesentlich älter als bisher von Teilen der Wissenschaft akzeptiert sind sie auch.
Die von mir in mehreren Artikeln beschriebenen Hintergründe zum Thema Bronzen decken sich mit Positionen vieler nigerianischer Kunsthistoriker. Die wiederum sind in ihren Forschungsarbeiten wesentlich von einer Kooperation mit Deutschland abhängig, weil wir den weltweit größten Bestand an Benin-Bronzen haben. Noch.
Diese Kooperationen werden verhindert, wenn deutsche Händler im eigenen Land als Unseriös abgestempelt werden und die Wissenschaft sich nicht bewegt. So wie die Sammlung Garn nun in den USA angeboten wird, verschwinden immer mehr Objekte als Grundlage einer Länderkooperation weil Objekte in Deutschland in ihrer Wertigkeit verkannt werden. Seit mindestens zwei Jahrzehnten wandern große deutsche Sammlungen und bedeutende Einzelstücke ins benachbarte Belgien, nach Frankreich und in die Vereinigten Staaten.
Hoffen wir, dass mit der neu entstandenen Professur an der Freien Universität Berlin ein neuer, frischer Wind wehen wird und auch solche Themen zum Gegenstand der Forschung gemacht werden. Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Afrika.
© Peter Herrmann im Oktober 2008 |
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* Ergänzung. Okt. 2012
Es gilt mittlerweile als gesichert, dass in Westafrika auch gediegenes, also metallisches Aluminium im Boden vorkommt. Unabhängig in welchem elementaren Zustand ergo Aluminium in Bronzen gefunden wird, es lässt keinen Rückschluss auf Alter zu. (zurück zu Alu)
Wikipedia >> Aluminium >>
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