Berliner Morgenpost. 26.02.2004

Presseseite der Galerie Peter Herrmann



Reisende zwischen den Welten

Von Christiane Meixner

Es ist groß wie ein echtes Motorrad, trägt drei blecherne Gestalten, und wenn man "Bike" (2000) an die Steckdose stöpselt, fährt es mit lautem Getöse und schlingernden Rädern auf der Stelle.

Eine ungewöhnliche Skulptur, die Peter Herrmann zum Auftakt der Ausstellungsreihe "Künstlerinnen aus Afrika" in seiner Galerie zeigt. Und eine eigenwillige, denn schon mit der Entscheidung für das Material setzt sich Sokari Douglas Camp über die Traditionen ihrer Heimat hinweg: Schweißen, das ist (nicht nur) in Nigeria noch immer eine den Männern vorbehaltene Tätigkeit.

Sokari Douglas Camp, die momentan als Preisträgerin für ein Skulpturenprojekt am Trafalgar Square gehandelt wird und jüngst eine große Arbeit für die Deutsche Welle in Bonn realisiert hat, lebt seit ihrem Kunststudium in London. Da wundert es nicht, wenn eine Skulptur griesgrämige Europäer am Bus-Stopp zeigt, die ungeduldig auf den Doppeldecker warten. Dazwischen mischt sich ein Maskenmann, dessen exotische Accessoires einem afrikanischen Ritual entstammen - Insignien eines ebenfalls virilen Geheimbundes, dessen Anspruch auf Exklusivität die Künstlerin ebenfalls nicht akzeptieren will.

Solche Details bleiben dem westlichen Betrachter gewöhnlich verborgen. Für das Verständnis der kinetischen oder auch klingenden Kunst von Sokari Douglas Camp sind sie allerdings nicht zwingend notwendig. Man sieht dennoch: Wie stark sich die Elemente zweier kontinentaler Kulturen mischen und neuen Sinn ergeben. Dass England und Nigeria weit mehr verbindet als eine an beiden Orten verwurzelte Künstlerin, weiß man aus der Geschichte. Stichwort: Kolonialzeit. Die unseligen Verknüpfungen der Gegenwart thematisiert Sokari Douglas Camp in Arbeiten wie "Nigeria Guns" oder "Oil Nigeria Prayers" - Skulpturen, hinter deren verspieltem Äußeren sich die ganze Verzweiflung eines Landes artikuliert, das nicht zuletzt die eigene Regierung um seine Bodenschätze bringt.

Es ist dieses verbindende Moment, das aus der Künstlerin (Jahrgang 1958) eine der wichtigsten Vertreterinnen für das moderne Afrika macht. Die Frage nach den eigenen Wurzeln hat sich in London fast noch drängender ergeben. Und das Bedürfnis, sich nicht wie ein Großteil der jungen afrikanischen Künstlergeneration allein vom Westen beeinflussen zu lassen. "Wenn man keine Geschichte hat", meint Sokari Douglas Camp, "wer ist man dann?"

Galerie Peter Herrmann, Torstr. 218, Mitte. Tel.: 88 62 58 46. Bis 6.3., Di-Fr 11-19, Sa 11-16 Uhr.