Sokari Douglas Camp

Die Geschichte der Künstlerin in Verbindung mit der Galerie Peter Herrmann

Dezember 2005

Sculptures

Etwas mehr als zehn Jahre arbeitet die Galerie nun mit der bekanntesten Künstlerin Afrikas. 1995 war sie eine der Ausgesuchten für die Ausstellung Around and Around in Douala. Die überlebensgroße Skulptur Nigerian Woman Shopping wurde kostspielig nach Kamerun verschifft und erregte beim dortigen Publikum großes Aufsehen. Langjährige Begleiter der Galerie erinnern sich, daß die Philosophie der Ausstellung eine Gegenüberstellung westlicher und afrikanischer Positionen war. Diese zwei Gruppierungen wurden durch eine gemischte Präsentation als solche wieder aufgelöst. Es wurden Künstler beider Kontinente gezeigt, die bereits eine internationale Karriere vorzuweisen hatten und eine gleiche Anzahl, denen wir durch die Teilnahme einen Karriereschub verpassen wollten.

Sokari Douglas Camp war schon damals, auch in Kamerun, ein publikumsziehender Name mit der sich auf afrikanischer Seite nur Chéri Samba messen konnte. Entsprechend dominant wurde ihre Skulptur in eine konzeptuell-figurative Korrespondenz mit der Arbeit Volume von Joseph Kosuth gestellt.



 

Für die Galerie war die Teilnahme von Frau Douglas Camp ein großer Glücksfall. Bis zu dem Zeitpunkt der Ausstellung Around and Around hatte die Künstlerin fast jede Zusammenarbeit mit Galerien abgelehnt, da ihr ein bestimmter kommerzieller Aspekt im Zusammenhang mit ungenügenden Kenntnissen von afrikaspezifischen Hintergründen mehr als suspekt erschien. Bis heute hat sich daran auch nicht viel geändert. Die Galerie Peter Herrmann blieb für die Künstlerin ab 1995 die einzige Galerie ihres Vertrauens.


 
1995 war das entscheidende Jahr in Deutschland, in dem die Behandlung außereuropäischer Kunst einen Eckstein erhielt. Nachdem zwei Jahre vorher im Kunstforum eine Präsentation von 35 Künstlern aus Afrika, unter Anderen von Sokari Douglas Camp erschien, widmete sich eine Ausgabe von Neue Bildende Kunst dem Marco Polo Syndrom. Während andere schrieben, widmete sich die Galerie dem Organisieren und setzte zu diesem Diskurs einen praktischen Aspekt hinzu. Leider war damals die Ausstellung als Beitrag von Peter Herrmann in Kamerun sehr erfolgreich, aber in Deutschland wurde sie trotz ihrer künstlerischen Potenz medial nicht zur Kenntnis genommen, da die Galerie noch nicht über ausreichende Reputation verfügte.

 

Dank Namen wie Kippenberger, Zobernig, Steinbach, Kubinski - aber auch Aboudramane und Owusu-Ankomah änderte sich dies in den folgenden Jahren schnell. Piedro Sanguineti oder Pascale Marthine Tayou waren damals noch unbekannte Künstler, aber für beide war diese Ausstellung ein wichtiger Meilenstein in ihrer Entwicklung. interessant in diesem Zusammenhang ist auch, daß es sechs kleine Abbildungen aus der Ausstellung waren, die als erster Beitrag einer deutschen Galerie im Internet gezeigt wurden. Eine Abbildung war Nigerian Woman Shopping.

1998 konnte Sokari Douglas Camp zunächst in Stuttgart und dann in Deutschland einem breiten Publikum bekannt gemacht werden. Eine Einzelausstellung in den Räumen der Galerie in der Friedenstraße mit dem Titel Echolot ebnete den Weg für eine ganz besondere Rolle. Die Künstlerin wurde von der Jury des Großprojektes Vielfaches Echo ausgewählt, mit ihren Objekten am Hauptbahnhof und im Stuttgarter Flughafen stellvertretend für dieses ehrgeizige und einzigartige Projekt zu werben. Staatsgalerie Stuttgart, Galerie der Stadt Stuttgart, Württembergischer Kunstverein, Akademie Schloß Solitude, sieben weitere Museen und 10 Galerien schlossen sich zu einer gemeinsamen Großausstellung zusammen - und Sokari war das erste Mal in großem Stil in Deutschland präsent. Im Rahmen dieser Ausstellung, bei der die Galerie als Beitrag fünf Künstler aus dem Programm zeigte, wurde die Künstlerin nun hochoffiziell das erste mal in Zusammenhang mit der Galerie in einem Katalog abgebildet.


 

Das nächste Highlight folgte im selben Jahr. Die bis dahin größte Ausstellung zeitgenössischer Kunst afrikanischer Künstler in Deutschland war die 7. Triennale der Kleinplastik Stuttgart in den Räumen der Landesbank Baden-Württemberg. 40 westliche und 40 afrikanische Künstler, ein sehr schöner Katalog und hohe Besucherzahlen machten diese Ausstellung zu einem großen Erfolg. Besonders für Sokari Douglas Camp. Denn sie hatte einen der auffälligsten und dominantesten Plätze für ihre Arbeiten.
By the way - 12 der beteiligten afrikanischen Künstler waren eine direkte Vermittlung von Peter Herrmann und eine Reihe weiterer wurden auf Empfehlung kontaktiert.


 

Von nun an folgten Gruppenbeteiligungen in und über die Galerie in ständiger Folge. 1998 kuratierte Peter Herrmann die Show Aktuelle Kunst aus Afrika im Kunstverein Neue Galerie Landshut und Lokal-Global in Wiesbaden. 1999 zeigten die Galerie Achim Kubinski in Berlin und kurz darauf die Galerie Peter Herrmann in Stuttgart noch einmal, neu konzipiert, die Ausstellung Around and Around. In der Ausstellung Über-Blick war Douglas Camp im Jahr 2000 in Stuttgart und dann, nach Ortswechsel der Galerie, 2001 in Berlin zu sehen.


 
2003 war sie mit der Galerie auf der Art Cologne, bei der ihr Bike 2000 auf der Presse-CD war und insgesamt 7 x im Fernsehen gezeigt wurde. Der wichtigste Beitrag davon war sicherlich Arte, bei der das Bike als Intro der Messereportage zu bester Sendezeit fungierte. 2004 folgten die Gruppenausstellungen L'Afrique à venir im Kunstverein Ostseebad Kühlungsborn und 8 female artists from Africa in der Galerie im Waschhaus, Potsdam. Einen Ausstellungszyklus in der Galerie, der 4 Ausstellungen nur mit Künstlerinnen aus Afrika beinhaltete, wurde mit der Einzelausstellung Sculptures von Frau Douglas Camp eröffnet, die dadurch die Funktion einer

 
Prestigeträgerin übernahm und durch ihren Bekanntheitsgrad den anderen beteiligten Frauen mehr Aufmerksamkeit verschaffte. Die Ausstellungsreihe hatte gute Presse und führte zu mehreren Vermittlungen von Museumsausstellungen. Als Beispiel hier ein Link zum Artikel der Potsdamer Neueste Nachrichten in dem Bike 2000 als unbestrittenen Höhepunkt der Ausstellung bezeichnet wird.

 

Ein schöner Erfolg ebenfalls 2004 war das Kunst-am-Bau-Projekt Feast for Neptun das durch die Vermittlung der Galerie vor dem Gebäude der Deutschen Welle in Bonn realisiert werden konnte. Es war für uns ein sehr bedeutender Moment. Nach unserem Wissenstand war dies das erste realisierte Kunst-am-Bau-Projekt das je in Deutschland an einen Künstler aus Afrika vergeben wurde. Daß es eine Frau war, freut diejenigen, die um die Schwierigkeiten einer Marktplatzierung afrikanischer Künstlerinnen wissen, ganz besonders.

An dieser Stelle möchte ich nun ausnahmsweise einen externen Link einbauen, der Sie auf die Seite der Deutschen Welle führt. Dort sehen Sie Sokari Douglas Camp in sehr illustrer europäischen Gesellschaft.

Die im Wasser stehende Figur ist aus geschweißtem Stahl gefertigt und überladen mit vielen Details. Durch ihre bewegte Form scheint sie durch


 

das Wasser zu waten. An ihren Füßen tummeln sich einige aus Stahl gefertigte Fische. Das Auffälligste der Figur ist jedoch ihr Kopfschmuck: Ein großer Federkranz mit Netz und langem Fahnenband, dazu ein Fisch aus schimmerndem blauen Glas, der gerade auf dem Kopf zu landen scheint. Der Aufsatz verweist an die Wassergeistmasken der Gegend um Calabar aus der die gebürtige Nigerianerin stammt.

Kunst am Bau und Einzelausstellung in der Galerie verliefen parallel zu einer Beteiligung der besonderen Art. Sokari Douglas Camp war eine von sechs Künstlern die in der Endauswahl der Ausschreibung Fourth Plinth in London standen. Auf demTrafalgar Square wird periodisch ein großer freier Sockel mit einer Skulptur aktualisiert. Ihre Mitbewerber waren: Chris Burden, Stefan Gec, Sarah Lucas, Marc Quinn und Thomas Schütte.


 

Die Modelle wurden der Öffentlichkeit im Sainsbury Wing Foyer der National Gallery London vorgestellt und am 15. März wurde der Sieger des Wettbewerbs bekanntgegeben. Über den Verteiler der Galerie kräftig angeheizt, bekam Sokari bei einer Publikumsbefragung breite internationale Unterstützung und befand sich beim Evening Standard bis zum Tag der Bekanntgabe der Jury bereits mit 39 % in Führung vor Marc Quinn mit 24 % und Thomas Schütte mit 11 %. Dennoch beschloß die Jury den beiden Künstlern Marc Quinn und Thomas Schütte den Preis je zur Hälfte anzuerkennen. Wir freuten uns natürlich nicht über die Entscheidung der Jury. Über das deutliche Echo, das Sokari Douglas Camp vom breiten Kunstpublikum erhielt dafür um so mehr.

 


No-o-war-r No-o-war-r


 

Da wir vorher schon wußten, daß in diesem Wettbewerb die konzeptuelle Ausrichtung bevorzugt wird, war die Freude über eine solch bedeutende Teilnahme größer als die Enttäuschung.

2005 war noch belebter als die vergangenen Jahre. Vor dem British Museum installierte die Künstlerin eine große Figurengruppe Africa Garden im Rahmen der in ganz London über mehrere


 

Monate dauernden Veranstaltung Africa 05 - Views from Africa. Die Skulpturengruppe steht über die Galerie Zum Verkauf.

Nicht zuletzt wegen ihrer Präsenz wurde im Juni 2005 Sokari Douglas Camp von der englischen Königin für ihr Engagement in der Kunst und Bildhauerei geehrt und erhielt den Titel Commander of the British Empire (CBE). Dieser seltsam militärisch klingende Titel ist eine zivile Auszeichnung und die zweithöchste in England.


 

Mit dieser Auszeichnung hat die Galerie zwar nichts zu tun, um das ereignisreiche Jahr zu betonen, muß es jedoch erwähnt werden.


 

Um so mehr hat die Galerie wiederum mit der Ausstellung Africa Screams - das Böse in Kino, Kunst und Kult zu tun, die noch bis 15. März 2006 in Museum der Weltkulturen in Frankfurt am Main gezeigt wird. Diese außergewöhnliche Ausstellung, die zuerst im Iwalewa-Haus der Universität Bayreuth, in der Kunsthalle in Wien und im Kunstverein Aalen zu sehen war, beinhaltet neben Werken anderer Künstler der Galerie die Arbeiten Bin Laden Pieta, Age Flame Head und Mad Cow Bus Stop Gelede.

Zeitgleich ein zweites Mal in Frankfurt ist Douglas Camp in Afrika! Afrika! zu sehen. Eine neue Show von André Heller hat Weltpremiere am 14. Dezember 2005 in Frankfurt und wird 2006 weitere Gastspiele in Hamburg,


 
München, Berlin, Düsseldorf sowie 2007 in Wien, Stuttgart, Zürich, Basel, Köln und Hannover haben.

 

Zu sehen ist eine völlig neue Art von Zirkus, ein furioses Theater, das unter der Schirmherrschaft der UNESCO steht. Afrika begegnet dem Besucher auf ungewohnte Weise mit faszinierenden Tänzen, mit Musik und atemberaubender Akrobatik und Artistik. Kreative Sinnlichkeit vermittelt aber nicht nur das Zirkustheater mit mehr als 120 Musikern, Tänzern, Artisten und Akrobaten, sondern auch das eigens dafür geschaffene Ensemble maurisch anmutender Zeltpaläste. 25 Meter, höher als alle Zirkuszelte, die jemals in Europa standen, erhebt sich das Chapiteau. Innen ist es bunt bemalt und mit Teppichen ausgelegt, überdachte Gänge führen in ein Café Africain und durch den afrikanischen Markt sowie in eine Galerie zeitgenössischer afrikanischer Kunst.


 

In der begleitenden Ausstellung ist von Sokari Douglas Camp die Arbeit Rickety Market Stall zu sehen. Wie in anderen Gruppenausstellungen ist die Künstlerin auch hier wieder mit bekannten Namen wie Nicole Guiraud, Barthélémy Toguo und Dominique Zinkpè zusammen, um einige zu nennen, die vielen Besuchern der Galerie sehr geläufig sind. Entstanden ist diese Auswahl durch eine Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Wien, der deutschen Kommission der UNESCO sowie dem Goethe-Institut.


 

Im November 2005 erfuhr die Künstlerin, daß man sich für ihren Entwurf des Denkmals von Ken Saro-Wiwa entschieden hatte. Wie alle ihre Arbeiten aus Edelstahl geschweisst, wird sie einen LKW in Echtgröße bauen, der das eigentümlichste Denkmal Englands wird. Mit Ölfässern beladen und mit Fragmenten aus den Büchern des ermordeten Schriftstellers beschriftet, wird es in London gesockelt. Neben vielen anderen bedeutenden Persönlichkeiten die das Projekt fördern, sei Ken Livingstone, der Bürgermeister von London und der Schriftsteller Wole Soyinka genannt.

Peter Herrmann, im Dezember 2005